Mainz auf dem Holzweg

Falls sich ein Trierer ernsthaft über den Mainzer Eichenpfahl und etwaige Ansprüche, Trier als älteste deutsche Stadt in Frage zu stellen, echauffiert haben sollte: Er möge sich getrost wieder abregen.

Da müssen sich die Mainzer schon was anderes einfallen lassen. Stadt waren sie vor 2000 Jahren jedenfalls nicht. Da hilft es auch nichts, dass Privat-Dendrochronologin Sibylle Bauer mit ihren Forschungen den Bau der Mainzer Römerbrücke um vier Jahrzehnte (von bislang angenommen 70 auf 30 n. Chr.) vordatieren konnte. Im definierten rechtlichen Sinn römische Stadt war im heutigen Rheinland-Pfalz allein die 17 v. Chr. gegründete colonia Augusta Treverorum, die Augustusstadt der Treverer. Trier eben. Das belegen außer Brückenpfeilern unter anderem Beigaben aus Gräbern aus den letzten beiden Jahrzehnten vor Christi Geburt sowie das anno 4 n. Chr. in Trier aufgestellte monumentale Treverer-Denkmal für Kaiser Augustus' Adoptivsöhne Gaius und Lucius Caesar. Wir kennen von Grabsteinen sogar Namen von Städtern der ersten Stunde, die im frühen ersten Jahrhundert das Zeitliche segneten. Da besaß das von Rom gegründete Trier schon das, was eine Stadt ausmacht: Infrastruktur, Verwaltung,Gewerbe, Handel. Mainz, hervorgegangen aus einer Ansiedlung um ein Legionslager, wird erst ab der Mitte des 4. Jahrhunderts als Stadt bezeichnet. Daran ändert das Fäll-Datum des Holzpfahls nichts. Nichts Neues im Osten von Rheinland-Pfalz. Es bleibt dabei: Deutschlands älteste Stadt liegt an der Mosel und nicht am Rhein. Sollte ein Mainzer Gegenteiliges behaupten, dann sieht er allenfalls alt aus. Die Geschichte taugt nicht einmal zur Legendenbildung. Dass Hans-Peter Kuhnen, nach Mainz versetzter Ex-Landesmuseumsdirektor und Gatte von Sibylle Bauer, dahinter stecken könnte, kann doch allenfalls ein Schelm annehmen. . . r.morgen@volksfreund.de

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