Medien- und Madenfreak

TRIER. Auf Einladung des Trierer Vereins für Straffälligenhilfe "Probare" berichtete der international tätige Kriminalbiologe Mark Benecke in der Tufa über seine Arbeit, der Spurensuche. Sein Vortrag mit dem Titel "Tatortspuren" hinterließ mit seiner Mischung aus Humor und Makabrem den Eindruck: bizarr!

 Einen bizarren Vortrag präsentiert der Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke in der Tufa Trier.TV-Foto: Anke Emmerling

Einen bizarren Vortrag präsentiert der Kölner Kriminalbiologe Mark Benecke in der Tufa Trier.TV-Foto: Anke Emmerling

Für Unterstützung der Resozialisierung und Rehabilitation straffällig gewordener Erwachsener sowie Verbrechensprävention engagiert sich der Trierer Verein "Probare". Image eines verrückten Pathologen

Um auf seine Arbeit aufmerksam zu machen, hat er einen Vortragsabend mit dem Kölner Kriminalbiologen Mark Benecke organisiert, der als öffentlich bestellter, vereidigter Sachverständiger nicht nur hier zu Lande, sondern auch beim FBI in New York oder auf den Philippinen tätig ist. Der spannende Titel "Tatortspuren" lockte viel Publikum. Im voll besetzten kleinen Saal der Tufa tummelten sich Fachleute wie der Landgerichtspräsident, aber auch Menschen, die ihr Wissen über Forensik allenfalls aus Fernsehkrimis beziehen. Damit habe seine Arbeit nicht das Geringste zu tun, machte Benecke gleich klar. Wenngleich er selbst, in schwarzer Outdoor-Kleidung mit an dicken Karabinern baumelndem Schlüsselbund und Handy, mit kahl rasiertem Schädel und teils volkstümlicher, teils Techno-Musik aus seinem Laptop durchaus das Fernsekrimi-Image des Freak-Pathologen nährte. Dass, anders als in Fernsehserien, Spurensuche nicht in geräumigen Labors, sondern in beengten Verhältnissen als schlecht bezahlter Rund-um-die-Uhr-Job stattfindet, bewies der Schnell- und Ausdauerredner mit einem Feuerwerk an Anekdoten und schrägen Fotos. Dabei berichtete er auch von den Folgen des Anschlags auf das New Yorker World Trade Center, als effektive Spurensichtung durch schlechte Organisation und zu engen Kontakt zu Trauernden erschwert wurde. "Wir Spurensucher wollen weder mit Zeugen noch mit Trauernden zusammenarbeiten, wir brauchen einen kühlen Kopf." Um Spuren zu finden, die Beweise unabhängig von menschlicher Wahrnehmung objektivieren. Dazu müsse weniger nachgedacht als ausprobiert werden. Zum Beispiel, wie weit Blut spritzt, wenn man jemandem mit einem Beil auf den Kopf schlägt. Aber: "Gerechtigkeit gibt es nicht, nur Wahrheit, und dafür ist es OK, hinterher die Wand zu streichen", sagt ein Mann, der nur noch Polyester trägt, weil Blut und Ammoniakgeruch von Leichen Baumwollbekleidung nicht zuträglich sind. Und der ein entspanntes Verhältnis zu Maden pflegt, die aus Leichen quellen, weil sie einiges über den Todeszeitpunkt aussagen. Pragmatiker glaubt grundsätzlich nichts

Dem Publikum wurde der Anblick solchen Gewimmels nicht erspart, obwohl es sich unter mehreren angebotenen Vortragsthemen "Unverwesliche Heilige, Verfluchte und Vampire" ausgesucht hatte. Gerade der begann mit Fotoeinsicht in verschiedene Stadien der Verwesung: Gasblähung, Besiedlung mit Insekten oder Verfaulen. Nicht ohne Grund, denn ob ein durch ein Wunder nicht verwester Heiliger eine echte Leiche, nur Wachsfigur oder einfach Mumie ist, setzt Kenntnis dieser Stadien voraus. Anhand einiger Fälle um unverwesliche katholische Heilige, evangelische Verfluchte oder transsilvanische Vampire stellte Benecke heraus, wie Glauben und kulturelle Überprägung Wahrnehmung von "Zeugen" verzerren. Er glaube grundsätzlich nichts. "Tun Sie´s auch nicht", riet er seinen Zuhörern, "nur das: Der Tod ist nicht das Ende, denn dann kommen noch die Kriminalbiologen und die Schmeißfliegen."

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