Mehr Selbstwert, weniger Drogen

TRIER. "Kinder stark machen" lautet das Motto der 17. Trierer Wochen der Suchtprävention. In 16 Veranstaltungen – vom Theaterstück bis zum Fotoseminar – dreht sich im November alles um das Thema Erziehung, Selbstbewusstsein, Abhängigkeiten und das "Nein"-Sagen zum Drogenkonsum.

"Eine schwere Kindheit." Dieses Argument hat Heinz-Peter Kann, ehemaliger Präsident des Trierer Landgerichts, nur allzu häufig von den Verteidigern jugendlicher Straftäter gehört. "Und beinahe immer bestanden diese schweren Kindheiten in der Vernachlässigung durch alkohol- oder drogenabhängige Eltern", erzählt Kann, wie weit der Missbrauch von Drogen in das gesellschaftliche Gefüge reichen kann. "Suchtproblematik geht uns alle an"

Als Vorsitzender des Stadt-Sportverbandes hat Kann die Schirmherrschaft über die 17. Trierer Suchtpräventionswochen vom 9. bis 30. November übernommen. "Denn insbesondere Sportvereine sind prädestiniert dafür, das Selbstbewusstsein und -wertgefühl von Jugendlichen zu entwickeln - gute Voraussetzungen, um vor Drogenabhängigkeiten geschützt zu sein." Doch dürfe das komplexe Thema Suchtprävention ebenso wenig an Sportvereine wie an Schulen oder Institutionen delegiert werden. "Das Problem geht alle an. Schulen, Vereine, und wir machen zwar Angebote, aber letztlich werden in der Keimzelle Elternhaus die entscheidenden Weichen gestellt", sagt Carsten Lang, Jugendschutzbeauftragter in Stadt und Kreis und Vorsitzender des Arbeitskreis (AK) Suchtprävention Trier. Zum dem AK gehören 14 Krankenkassen, kirchliche Verbände, Jugendpflege-Einrichtungen, Selbshilfegruppen und Kommunal-Verwaltungen und die Polizei. "Wir wollen in großer Kooperation das Thema Sucht in die Öffentlichkeit bringen", sagt Andreas Stamm, Zweiter Vorsitzender des AK und Leiter der Suchtberatungsstelle "Die Tür" in Trier. "Vorrangig geht es um Prävention. Aber Drogen - auch Cannabis - gehören heute zur alltäglichen Lebenswelt der Jugendlichen, daher müssen wir auch bei präventiven Veranstaltungen den konsumierenden Jugendlichen im Blick haben." Uwe Konz, Jugendbeauftragter bei der Polizei Trier, bestätigt: "Wir gehen bei Jugendlichen Drogenkonsumenten von einer sehr hohen Dunkelziffer aus." Valide Zahlen für die Region Trier gebe es zwar nicht, aber die Ergebnisse einer Studie der Weltgesundheitsorganisation für Nordrhein-Westphalen könnten auch für Trier angenommen werden.Bedürfnisse nicht falsch befriedigen

Laut dieser Studie trinken 32 Prozent der Jugendlichen regelmäßig Alkohol, 28 Prozent hatten schon einmal einen Rausch. Knapp ein Drittel aller Jugendlichen raucht regelmäßig, knapp ein Viertel der 15-Jährigen hat schon mindestens einmal Haschisch konsumiert. Mit der präventiven Arbeit könne nicht früh genug begonnen werden, sagt Birgit Pallien. Die pädagogische Mitarbeiterin bei der Trierer Familienbildungsstätte sieht bereits in der frühkindlichen Erziehung Möglichkeiten der Prävention: "Wenn ein schreiendes Baby stets mit dem Schnuller beruhigt und nicht geschaut wird, warum das Kind eigentlich schreit, und man nicht an dieser Ursache etwas ändert, kann das zu suchtähnlichen Verhaltensmustern führen." Auch dauernder Fernsehkonsum auf Langeweile könne suchtartige Züge annehmen, wenn dadurch andere Bedürfnisse unterdrückt statt ausgelebt würden. Die Vorträge und Seminare der Suchtwochen richten sich an Eltern, Kindergärtnerinnen, Jugendgruppen, Schulen, Lehrer und Jugendbeauftragte. Ein unter die Haut gehender Höhepunkt des Programms (siehe unten) ist das Theaterstück "Morgen hör' ich auf" mit dem Fernseh-Schauspieler Karlheinz Lemken (bekannt aus "Die Kommissarin", ARD). Zu sehen, wie ein Alkoholiker verzweifelt gegen seine Sucht kämpft, kann vielleicht mehr bewirken, als so manches Verbot der Eltern.

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