Mehr als Musik

Trier. Mit Werken vom Frühbarock bis zu einer Uraufführung gestaltete der Männerchor Ensemble 85 unter Leitung von Martin Folz einen Abend in der Basilika St. Paulin. Was man als Konzert erwartete, wurde letztendlich eine Passionsandacht.

Die Passion, jenes Geschehen, dem von den christlichen Kirchen in der Karwoche gedacht wird und das in die jubelnden Ostertage mündet, ist zu allen Zeiten auch Inspiration für Komponisten gewesen. Unzählige Werke sind durch die gesamten Jahrhunderte entstanden, die sich mit der Kreuzigung und mit der Auferstehung Jesu Christi beschäftigen. Grund genug, die Fasten- und Passionszeit auch mit Konzerten zu füllen, mit der Musik die Menschen zum Nachdenken über die Ereignisse anzuregen. Martin Folz und sein Männerchor "Ensemble 85" haben sich in der katholischen Pfarrkirche St. Paulin auch des Themas unter der Überschrift "…durchkreuzt" angenommen. Wenn Folz die Verantwortung für ein solches Programm trägt, stellt sich immer wieder die Frage, ob es sich wirklich um ein reines Konzert handelt, also um die Darbietung musikalischer Werke zum reinen Genuss der Zuhörer. Selbstredend war das, was die Besucher in der Barockbasilika geboten bekamen, Chormusik, die den höchsten Ansprüchen gerecht wurde. Das Ensemble 85 verfügt nun einmal über herausragende Qualitäten, die eigentlich gar nichts anderes zulassen. So war auch der Pauliner Abend wieder geprägt von hoher Intonationssicherheit, von strahlenden Tenören und fundamentalen Bässen, von Aussprachequalität und Einsatzdisziplin, wie man sie nicht oft erleben kann. Folz aber wollte mehr erreichen als nur zufriedene und begeisterte Gesichter bei seinem Publikum. Schon seine einleitenden Worte, in denen er darauf hinwies, dass der Karfreitag schon damals das Leben und die Vorstellungen vieler Menschen durchkreuzt hat und bis heute durchkreuzt, zeigten deutlich, dass er mehr wollte als nur die reine musikalische Ebene. Schon die Programmzusammenstellung, deren musikalische Anteile immer wieder durch Texte von Erich Purk, Martin Luther King, Friedrich Hölderlin und Marc Chagall unterbrochen wurden, zeigte einen roten Faden, ein Aussageziel, das erreicht werden sollte. Beginnend beim Ölberg (In monte Oliveti) und dem Trauerausruf Jesu "Meine Seele ist betrübt" (Tristis est anima mea) von Padre Martini bis hin zum "Crucifixus" von Claudio Monteverdi zeichnete Folz die zentralen Ereignisse musikalisch nach. Aber schon hier ging sein Blick weiter, lies mit Heinrich Sutermeisters "Gratias agimus tibi" den Dank an den Gekreuzigten erklingen. Unter anderem mit der Folzschen Komposition "Denkspruch" oder der Kantate "An die Menschheit" von Willy Sendt stellte der Männerchor die Frage in den Raum, welche Bedeutung die damaligen Ereignisse heute für uns haben und ließ das Ganze in ein überzeugende "Credo" münden. Eine ganz persönliche Note erhielt das Konzert, das eigentlich eine Andacht war, durch die Uraufführung der Mottete "Der Mensch lebt und besteht", die Martin Folz zum Gedenken an den im letzten Monat verstorbenen luxemburger Kathedralorganisten Carlo Hommel verfasst hat. Auch hier überflügelte die Dankbarkeit für das Leben die Trauer um den plötzlichen Tod.

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