Mein Freund, der Baum

Köln hat eine, Leverkusen ebenfalls und auch Bonn: Eine Baumschutzsatzung. Mit ihr sollen städtisches Klima, Naturhaushalt, Tier- und Pflanzenreichtum sichergestellt sein. In Trier gibt es keine derartige Satzung, die jetzt einer 85 Jahre alten Eiche vielleicht das Leben verlängern könnte.

 Die 84-jährige Emma Hopp ist fast genauso alt wie die Eiche in ihrem Garten, die sie erhalten möchte. TV-Foto: Gabriela Böhm

Die 84-jährige Emma Hopp ist fast genauso alt wie die Eiche in ihrem Garten, die sie erhalten möchte. TV-Foto: Gabriela Böhm

Trier-Ehrang. Sie steht auf einem Grundstück in der Ehranger Straße 146, inmitten bebauter Parzellen. Weit ausladend ragen die Äste meterweise über die Grundstücksgrenzen hinweg. Der Kronendurchmesser beträgt knapp 20 Meter und beschattet völlig das eigene sowie die umliegenden, mit Häusern bebauten Grundstücke. Was für Gabi Jacob und ihre dort lebende Mutter, Emma Hopp, ein "Paradies für Tiere und Vögel" ist, nimmt den Nachbarn offenbar Licht und Luft. Einer stutzte bereits vor einigen Jahren überhängende Äste. "Unsachgemäß", wie ein damaliges Baumgutachten des Büros Ökoplan bescheinigt. Mit der Folge, dass sich unschöne "Wassertriebe" gebildet haben. Ungemach steht dem alten Baum auch jetzt wieder bevor.Weitere Nachbarn haben in Aussicht gestellt, überhängende Äste zu kappen. "Weil es ihnen zu schattig ist", sagt Gabi Jacob. "Dabei behindert der Baum nicht, und es geht auch kein Schaden von ihm aus." Sie fürchtet darum, dass der Baum Schaden nimmt, wenn er zurückgeschnitten wird, und will ihn als Naturereignis erhalten. Eine Anfrage bei der Stadt, den Baum als Naturdenkmal im Sinne der Naturdenkmalverordnung auszuweisen, wurde allerdings schon vor sechs Jahren abgelehnt. Mit der Begründung, dass die 20 Meter hohe Eiche zwar mit ihrer Größe und Vitalität besonderen Wert besäße, aber "noch nicht den erforderlichen, herausragenden Entwicklungsgrad" erreicht habe. "Es wäre aber wünschenswert, wenn der Baum sich auch zukünftig ungestört fortentwickeln könnte, damit kommende Generationen ihn einmal als Naturdenkmal ausweisen können", hieß es in einem Schreiben aus dem Rathaus.Keine Baumschutzsatzung in Trier

Für Diplom-Forstingenieur Karl-Josef Prüm, Ökoplan, ist die Begründung "hirnrissig", da erst mit der Unterschutzstellung die Zukunft des Baums gesichert sei. "Die Naturschutzbehörde lässt einen im Stich, und zwar ausgerechnet in dem Fall, dass der Eigentümer seinen Baum schützen will." Da es in Trier keine Baumschutzsatzung gibt, könne quasi "jeder Privatmann mit Bäumen machen, was er will". In der Tat verliefen in den letzten zwölf Jahren zwei Anläufe zu einer Baumschutzsatzung in Trier ergebnislos, zuletzt vor zwei Jahren auf Antrag der Fraktion der B 90/Grünen. Da Naturdenkmale ganz herausragende "Einzelschöpfungen der Natur" sein müssten, deren "Schutz aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit" erforderlich sei, gehöre die Ehranger Eiche auch heute nicht dazu, so Stadtpressesprecher Ralf Frühauf.Eine "inflationäre Ausweisung aller alten und großen Bäume" werde dem Geist des Naturschutzgesetzes nicht gerecht. Mithin sei die Angelegenheit nicht öffentlich-rechtlicher, sondern nachbarschaftsrechtlicher Natur. Das sieht Gabi Jacob offenbar ebenso. Ohne eine Baumschutzsatzung, die laut Gerichtsurteil auch Schutz im privatrechtlichen Verhältnis entfalten kann, sieht sie von Behördenseite keine Hilfe und hat einen Anwalt mit einem Unterlassungsschreiben beauftragt. Notfalls will er vor Gericht ziehen.

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