Mein Freund, der Täter

TRIER. (red) Nahezu die Hälfte der Frauen, die Hilfe und Rat beim Notruf für vergewaltigte und von sexueller Gewalt bedrohte Frauen und Mädchen suchen, erfahren schmerzhaft die Kehrseite des Lebens durch das nahe soziale Umfeld. Das geht aus dem Jahresbericht des Notrufs hervor.

"Sexualisierte Gewalt gegen eine Frau ist kein individuelles Schicksal und hat strukturelle Ursachen" - auf der Basis dieser Sichtweise arbeitet der Notruf Trier seit zwölf Jahren und bietet betroffenen Frauen individuelle Unterstützung an. Der Verein verdeutlicht durch seine Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit die gesellschaftliche Dimension von Gewalt an Frauen und fordert Veränderungen. Neben der kontinuierlichen politischen Arbeit zum Thema "sexualisierte Gewalt gegen Frauen" war im Jahr 2003 ein besonderer Schwerpunkt die Präventionsarbeit in Trierer Schulen. Die Arbeit mit den betroffenen Frauen ist ein Schwerpunkt der hauptamtlichen Notrufarbeit: Im Jahr 2003 haben sich 106 Personen erstmalig im Zusammenhang mit einer sexualisierten Gewalttat mit dem Notruf telefonisch in Verbindung gesetzt. Meistens sind es die betroffenen Mädchen und Frauen selbst, die den Notruf kontaktieren, ferner Angehörige, Freunde und Freundinnen, die um Unterstützung nachfragen, sowie Mitarbeiter anderer Institutionen, die Fragen haben und um Informationen bitten. Die Grund für die telefonische Kontaktaufnahme lag bei 28 Prozent der Anrufenden bei einer erlittenen Vergewaltigung/sexuellen Nötigung, bei 24 Prozent im erlittenen Missbrauch in der Kindheit und den daraus resultierenden Problemen im Erwachsenenalter. 23 Prozent der Anrufenden meldeten sich wegen Misshandlung/körperlicher Gewalt. Die von den Frauen benannten Täter kommen zu 46 Prozent aus dem nahen sozialen Umfeld wie Vater, Bruder, Onkel, Cousin, Bekannter oder Ehemann/Freund. Neben der telefonischen Beratung bietet der Notruf betroffenen Frauen auch die Möglichkeit der persönlichen Beratung (Gespräche, Begleitung zur Polizei und Gericht etc.) - dieses Angebot nahmen im letzten Jahr insgesamt 65 Frauen in Anspruch. Die Stärkung der Selbsthilfepotenziale betroffener Frauen ist dem Notruf ein wichtiges Anliegen. Auch im Jahr 2003 öffnete das Selbsthilfecafé jeweils am letzten Montag des Monats mit dem Angebot für Frauen zum gegenseitigen Kennenlernen und Diskutieren sowie für Veranstaltungen wie Referate und Ausstellungen (Termine/Programm 2004 telefonisch erfragbar). Trotz öffentlicher Mittel des Ministeriums, der Stadt Trier und des Kreises Trier-Saarburg ist der Notruf auf Spenden und Sponsoren angewiesen. Wer diese Arbeit unterstützen will: Notruf für vergewaltigte und von sexueller Gewalt bedrohte Frauen und Mädchen e.V., Deutschherrenstraße 38, 54290 Trier, Telefon 0651/49777, Fax 0651/9940064; E-Mail notruf.trier@t-online.de; Konto 756 890, Sparkasse Trier.

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