"Mir sein doch alles Kürenzoar"

KÜRENZ. Seine "Moddersproach" ist Kürenzer Platt, und er gilt als ein Original seines Stadtteils - Toni Breiling. In seinem Dialekt setzt er sich sowohl mit privaten Erlebnissen als auch mit politischem Geschehen auseinander, setzt sie in Versform und hält die meisten Gedichte schriftlich fest.

Als Dichter möchte Toni Breiling eigentlich nicht bezeichnet werden. "So sehe ich mich gar nicht. Dichter - das sind berühmte Menschen wie Goethe und Schiller", sagt der 77-Jährige. Seine Leidenschaft, Gedankengänge in Mundartversen festzuhalten, begann nach dem Zweiten Weltkrieg. Als junger Mann war er gerade aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und verarbeitete seine Erlebnisse als Heimkehrer in seinem ersten Gedicht. Diesem sollten unzählige folgen. Egal ob die schwierige Kürenzer Verkehrssituation, die Liebe zu seiner Frau oder die Kürenzer Kirmes - alles, was dem Mundart-Dichter auffällt und was ihn beschäftigt, wird in Versen verarbeitet. Eine schönere Sprache, um Gedichte zu schreiben, als das Kürenzer Platt kann sich Breiling nicht vorstellen. "Unser Dialekt ist wunderschön", schwärmt er und fügt hinzu: "Zudem ist er völlig anders als das Trierer Platt, er ist viel weicher." Wer glaubt, Dichter und Denker wie "Breilings Ton" seien altmodisch und könnten ihrer Kreativität nur mit einem Blatt Papier und einem Bleistift freien Lauf lassen, der irrt gewaltig. "Wenn mir etwas einfällt, dann schreibe ich das gleich in den Computer", erzählt der 77-Jährige. Den hat er von seinem Sohn geschenkt bekommen, als er in Rente ging. Einen Großteil seiner "Gedanken in Versform" hat er mittlerweile in gebundenen Heftchen festgehalten. "Um ein Buch mit meinen Kürenzer Versen herauszubringen, fehlt einfachen Leuten wie mir die Lobby. Da muss man schon Dieter Bohlen oder Naddel heißen, um einen Verlag zu finden", sagt der Kürenzer. Statt darüber zu lamentieren, hat er fleißig alle Gedichte optisch aufbereiten, fotokopiert und mehrfach binden lassen. "Ich hätte meine Heftchen ,Kürenzer Moddersproach' und ,Mir sein doch alles Kürenzoar' vielleicht auch verkaufen können, aber ich habe sie alle an Freunde verschenkt." Von seiner Gabe, Erlebnisse in unterhaltsamer Form darzustellen, profitierte Jahrzehnte lang der Kürenzer Männergesangverein Concordia. Als Büttenredner, Karnevalpräsident oder Ansager - Toni Breiling ist als "Urgestein" des Kürenzer MGV Concordia - Mitglied seit 1947 - kaum noch wegzudenken. Wehmütige Erinnerungen an Kappensitzungen

Mittlerweile ist Breiling zwar "nur" noch als Sänger und nicht mehr karnevalistisch aktiv. Doch vor allem an seine Zeiten als Teil des Clown-Duos "Flipp on Flapp" bei den Concordia-Kappensitzungen erinnert er sich gerne. "Das waren tolle Sitzungen. Da kamen sogar Leute vom Heuschreck, um uns zu sehen", sagt Breiling etwas wehmütig. Kürenz ist Breilings Heimat, und die bedeutet ihm viel. Als er eines Tages bestürzt feststellen musste, dass seine Schwester, die vor Jahren Kürenz verlassen hatte, kein Kürenzer Platt mehr beherrscht, schrieb er ihr die Verse "De Moddersproach". Wenn er das Gedicht heute vorträgt, kommen ihm immer noch die Tränen - und seine Stimme zittert. Am Montag in "Kürenz - ganz nah": Spielräume - was der Stadtteil für Kinder bietet.

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