Mit Bildung protzen

TRIER. Großes Aufsehen erregte in der vergangenen Woche der unverhoffte Fund eines Mosaiks bei Bauarbeiten vor dem Rheinischen Landesmuseum. Der an der Weimarerer Allee entdeckte Rand-"Zipfel" eines Prachtmosaiks unbekannten Ausmaßes lässt nur erahnen, welche Kostbarkeiten sich die Römer einst zu Füßen legten. Passend zum Fund bietet das Landesmuseum am Sonntag, 26. März, 15 Uhr, eine Führung durch seinen Mosaiksaal an.

Ein halbes Jahrtausend gehörte das Trierer Land zum römischen Imperium. Im 5. Jahrhundert endete die Römerherrschaft. Sie hinterließ gerade in und um die Kaiserstadt Treveris (Trier) ein reiches Erbe an Schätzen, von denen viele noch unentdeckt geblieben sind. Ein solcher Schatz blitzte in der vergangenen Woche an der Weimarer Allee auf. Bauarbeiter stießen bei Aushubarbeiten für einen neuen Wasseranschluss ans Landesmuseum auf ein Randstück eines Fußbodenmosaiks.Monnus, der Meister-Mosaizist

Die Archäologen jubelten über den Überraschungsfund vor der eigenen Haustür. Er gilt als ein weiterer Beleg dafür, dass das Landesmuseum an der Stelle eines Palastes steht. Auch wenn es sich bei dem Mosaik-Teil in der Baugrube "nur" um ein - am Muster erkennbares - Randstück ohne Bildfeld handelt, so gibt es doch wertvolle Aufschlüsse. Das selbe Randmuster (Peltenkreuze mit Flechtband-Knoten) weist das nach der Künstlersignatur benannte "Monnus-Mosaik" auf, das 1884 beim Museums-Bau gefunden wurde, dort, wo heute das Treppenhaus des Altbaus steht. Und dieses Werk lässt erahnen, wie das Nachbar-Mosaik von der Weimarer Allee aussah. Mosaike waren in der Antike nicht einfach nur luxuriöse Fußböden, sondern auch Bildungsstatus-Symbole. "Für die Römer waren literarische Kenntnisse im gesellschaftlichen Umgang unverzichtbar. Um als Politiker, Anwalt, Gast oder Gastgeber glänzen zu können, musste man über einen reichen Schatz an Zitaten und Anspielungen verfügen", berichtet Frank Unruh vom Landesmuseum. "Auch ohne einen Marcel Reich-Ranicki gab es eine Richtschnur der Literatur, die selbst in der bildenden Kunst Ausdruck fand." Siehe Monnus: 53 Einzelbilder umfasst das Prachtstück, auf dem der Trierer Mosaizist gegen Ende des 3. Jahrhundert "Literaten" der Antike von Homer bis Vergil versammelte - vermutlich in kaiserlichem Auftrag. Auch im luxemburgischen Vichten (bei Diekirch) hinterließ Meister Monnus seine Spuren. Um Ostern 1995 legten Fachleute dort ein vollständig erhaltenes, 60 Quadratmeter großes Musenmosaik frei, das nach der Restaurierung im Trierer Landesmuseum im luxemburgischen Nationalmuseum zu bewundern ist.Keine Bergung auf Teufel-komm-raus

In Trier wurden seit dem 19. Jahrhundert rund 190 Mosaike entdeckt; 45 weitere kamen im Bereich des ehemaligen Regierungsbezirks zum Vorschein. Etwa 200 von ihnen zählen zum Bestand des Landesmuseums, das somit über mehr als dreimal so viele Mosaike verfügt wie alle anderen deutschen Museen zusammen. Zehn der prachtvollsten zeigt das Landesmuseum als Dauerausstellung in seinem Mosaiksaal. Die schon seit Monaten geplante Mosaiksaal-Führung am Sonntag, 26. März, 15 Uhr, mit Frank Unruh erhält durch den Fund der vergangenen Woche eine unverhoffte Aktualität. Interessierte sind eingeladen. Über den regulären Eintritt hinaus werden keine Führungsgebühren erhoben. Das Mosaik von der Weimarer Allee bleibt in der Erde. "Wir wissen nicht, wie viel davon überhaupt noch erhalten ist. Aber möglicherweise erstreckt es sich bis weit unter die Straße. Wir müssen und können es nicht auf Teufel-komm-raus jetzt bergen", sagt Museumschefin Karin Goethert.

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