Mit Köfferchen und einer großen Kiste Glauben

TRIER-MITTE. Er ist ein Glaubenswandler zwischen den Welten: Seit elf Monaten ist Pater Hermann-Josef Hinkelmann wieder zurück in Trier. Insgesamt 32 Jahre lang missionierte er in Moçambique und Mali. Nun ist er Ökonom in der Gemeinschaft der "Weißen Väter", Trierer Padres für den schwarzen Kontinent. Aber sein Herz blieb in Afrika.

Zeitsprung: Das Jahr 1967, Moçambique. Unabhängigkeitskämpfe flammen auf, Schüsse überall, schließlich bis in die Städte hinein. Mittendrin ein junger Missionar. Gerade ein Jahr ist es her, dass er noch auf europäischem Boden portugiesisch gepaukt hat, zur Vorbereitung.Messen und Taufen in 70 Dörfern

Die Schüler, von denen er die Eingeborenensprache lernte und denen er Biologie und Kulturgeschichte beibrachte, schießen plötzlich mit den Rebellen. "Wir waren Träger der portugiesischen Kultur. Schließlich mussten wir raus", erinnert sich der Mann mit den wachen Augen an die gefährlichste Zeit in seinem Leben. Erinnerung ist, was Pater Hermann-Josef Hinkelmann bleibt, nachdem er vor knapp einem Jahr sein "kleines Köfferchen" endgültig gepackt hat. Ein Abschied für immer von seiner großen weltlichen Liebe - Afrika. Hinkelmann lächelt. Er erzählt sich in Fahrt. Die Worte prasseln, die Augen schweifen schnell hin und her. Von Moçambique aus war der Priester über Rom nach Mali gekommen: "Mit einer großen Kiste Glauben und zwei anderen mitten in den Busch", sagt er. Seine Französischkenntnisse aus einem halben Jahr Sprachvorbereitung in Belgien mussten reichen, um Messen und Taufen in 70 Dörfern zu halten. Als die anderen beiden Priester der internationalen Afrikamission krank wurden, blieb Hinkelmann allein "als einziger Weißer weit und breit" in der Wildnis. Nach elf Jahren Mali rief Rom: "Eine politische Tür hatte sich zurück nach Moçambique geöffnet. Es wurden schnell Leute gebraucht, die anpacken konnten", erzählt der Missionar. Ein Mann der Tat, das sei er. Elektriker habe er gelernt, damals, bevor sein Abenteuer mit Gott begann. "Spätberufen" entschloss er sich zum Abitur und für die lange Glaubenslehre zum Dienst in Übersee. "Wenn ich es noch mal machen dürfte?" Er lacht kurz und laut. "Es ist mein Leben." Pause. Zurück in Moçambique war viel zerstört: "Es gab fast nichts zu essen. Die Leute haben schwer gelitten." Mit Tauschhandel und Handarbeit errichtete er zusammen mit anderen die Pfarrei im Team neu: "Jede Schraube haben wir dort aufgesammelt und wieder verwendet". Zurück in Deutschland kann er "die Wegwerfgesellschaft" nicht begreifen: "Es ist kaum zu ertragen", sagt er und verzieht das Gesicht. Er dreht den Rosenkranzring am kleinen Finger seiner linken Hand und seufzt."Kultur, die ich kannte, gibt es nicht mehr"

Die letzten Jahre dann: "Immer häufiger Malariaanfälle." Nach einer Wirbelsäulen-OP konnte er nicht mehr "mit dem Mofa durch die Gegend brausen", erzählt der 70-Jährige. Das Gedächtnis wurde schlechter. "Es gibt Einige, die wollen da unten sterben", sagt Hinkelmann leise. Und nach einer Atempause mit erhobenem Kopf: "Ich denke, es ist besser, man geht auf zwei Beinen." Immer wieder ringt er um Worte, die ihm fremd geworden zu sein scheinen in all den Jahren. Sein "r" rollt etwas träge, das "k" klackt unerwartet: "Ich habe die Brücke nach hier noch nicht überschritten", sagt Hinkelmann. Der groß gewachsene Mann mit dem weißen Haar flieht mit dem Blick zu Boden: "In Afrika gedeiht der Glaube. Die Menschen nehmen all ihr Leid gelassen. Die Kultur aber, die ich hier in Deutschland gekannt habe, die gibt es nicht mehr."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort