Mit Popper zum Weltbürgertum?

"Solange man lernt, lebt man" - kaum ein Zitat hätte das Kolloquium des Instituts der Großregion über "Lebenslanges Lernen in der Großregion - demographische Entwicklung als Herausforderung" besser beschreiben können als der Satz von Karl Popper, dem großen Vertreter des kritischen Rationalismus. Und so näherten sich auch die Referenten ihrer Materie - kritisch und optimistisch zugleich.

 Erhöhte Lernbereitschaft als probates Mittel gegen den demographischen Wandel? Darüber diskutierten im Trierer Bildungszentrum unter anderem Jean Langers, Simon Groß, die Veranstalter Monika Sommer-Hasenstein und Rudolf Hahn sowie Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink (von links). TV-Foto: Kim-Björn Becker

Erhöhte Lernbereitschaft als probates Mittel gegen den demographischen Wandel? Darüber diskutierten im Trierer Bildungszentrum unter anderem Jean Langers, Simon Groß, die Veranstalter Monika Sommer-Hasenstein und Rudolf Hahn sowie Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink (von links). TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. Europa im Jahr 2030: Der Generationenvertrag bangt unter dem Druck von Globalisierung und demographischer Entwicklung um seine Zukunft. So in etwa würde das Szenario eines Pessimisten ausfallen. Der Optimist würde die weltwirtschaftlichen Verschiebungen als Chance begreifen, die eigene Flexibilität unter Beweis zu stellen. Wenn man so will, kamen zu jenem Kolloquium fast ausschließlich Optimisten zusammen. Hanspeter Georgi, der ehemalige Wirtschaftsminister des Saarlandes, präsentierte beispielsweise seine Vision der Großregion, die für ihn "ein kleiner Binnenmarkt im großen Binnenmarkt" werden könnte. Und auch Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink sah im demographischen Wandel "eine Herausforderung für das Bildungssystem, aber gleichwohl auch eine Chance". Als Diskussionsgrundlage lieferte Jean Langers vom luxemburgischen Amt für Statistik zunächst nüchterne Zahlen: Die Gesellschaft wird älter, die Lebenserwartung steigt. "Durch Migration kann dieser Prozess verlangsamt , aber nicht aufgehalten werden." Im Regierungsbezirk Trier betrug der Anteil der über 65-Jährigen im Jahr 2004 rund 19 Prozent, 2030 werden es 27 Prozent sein. Erhöhte Flexibilität und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen sind somit wichtige Voraussetzungen, um dieser Entwicklung zu begegnen. Linda Gallasch von der Firma "telc language tests", einem Anbieter von Sprachzertifikaten, stellte den gemeinsamen europäischen Referenzrahmen (GER) vor, ein Bewertungsmuster für Fremdsprachenkenntnisse, den der Europarat 2001 verabschiedete. Vergleichbare Einstufung von Sprachkompetenz

"Die Aussage, man habe in der Schule neun Jahre Englischunterricht gehabt, sagt nichts über die Sprachkompetenz aus, daher müssen wir gerade im Bereich der Erwachsenenbildung neue Maßstäbe finden." Insgesamt sechs Sprachniveaus unterscheidet der GER anhand festgelegter Kriterien und soll auf diese Weise eine Vergleichbarkeit herstellen. Rudolf Hahn, Leiter des Bildungszentrums und Gastgeber des Kolloquiums, referierte über neue Möglichkeiten des elektronischen Lernens und stellte einen teilweise online gehaltenen Luxemburgisch-Kurs der Trierer Volkshochschule vor, bei dem die Teilnehmer in Präsenzphasen anwesend sind und in Onlinephasen ihre Aufgaben vom Computer aus erledigen. Gerade für Erwachsene habe diese Form des Lernens ein großes Potenzial, sagte Hahn. Über "Migration als Herausforderung" sprach Simon Groß vom luxemburgischen Fortbildungsinstitut "Service RBS" und erläuterte die besonderen Herausforderungen bei Migranten. Auf dem Weg vom Deutschen, Luxemburger oder Franzosen zum Europäer ist es also noch ein langer Weg, und es bleibt fraglich, ob eine supranationale Identitätsstiftung jemals erreicht werden kann. Einen Beitrag zu einer verbesserten Verständigung leistete das Kolloquium aber allemal. Karl Popper, der kritische Rationalist, hätte es vielleicht ähnlich beurteilt.

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