Mit Sozialtarif in Richtung Stadtrat

Vier bis sechs Sitze im Trierer Stadtrat will die Linke bei der Kommunalwahl 2009 ergattern. Das Wahlprogramm dazu ist so gut wie fertig, vordere Listenplätze wollen Johannes Verbeek und Karl-Georg Schroll besetzen.

Trier. Karl Marx kritisierte 1843 in einer Schrift alle Verhältnisse, "in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtetes Wesen ist". Zumindest einige Menschen würden auch im heutigen Trier noch in solchen Verhältnissen leben, erklärt Johannes Verbeek. "Zum Beispiel Arbeitslose oder alleinerziehende Väter - und für die machen wir Politik."

Verbeek ist Philosophie-Lehrer am Auguste-Viktoria-Gymnasium und Vorsitzender des Trier-Saarburger Kreisverbands der Partei "Die Linke". Der 51-Jährige mit den überschulterlangen Haaren will die Linke nicht nur in den Wahlkampf 2009 führen, sondern auch in den Trierer Stadtrat. "Mit vier bis sechs Plätzen rechnen wir schon", sagt Verbeek. Auch in Hermeskeil wollen die Linken ins Stadtparlament. "15 Prozent plus X müssten drin sein", sagt Volkmar Winter, der in den nächsten Wochen mit "zehn bis 15 neuen Mitgliedern" die Hermeskeiler Ortsgruppe gründen will. Zurzeit hat der Kreisverband inklusive der Ortsgruppe Züsch 87 Mitglieder. Aber auch in Konz und Saarburg sind Ortsgruppen geplant. "Bis Ende des Jahres werden wir mehr als 100 sein", sagt Kreisvorsitzende Katrin Werner.

Bei der Landtagswahl 2006 war Werner Spitzenkandidatin im Wahlkreis Trier. In den Stadtrat will die 35-jährige Mutter allerdings nicht. Aufgestellt werden soll die Kandidatenliste im Herbst. Fest steht bisher, dass Verbeek und Karl-Georg Schroll - verkehrspolitischer Sprecher der Landes-Linken - vordere Plätze haben sollen. Nicht auf der Liste stehen wird der bekannte Trierer Linke Albert Schtschepik, er ist zum Kreisverband Bernkastel-Kues gewechselt.Das Trierer Wahlprogramm ist formuliert und soll in den nächsten Wochen diskutiert werden. Schwerpunkte unter "Für eine soziale Stadt" sind Schul- und Bildungspolitik sowie Sozialpolitik. Dazu kommen Arbeits-, Wirtschafts- und kommunale Senioren- und Haushaltspolitik. Unter "Für eine ökologische Stadt" soll es schwerpunktmäßig um die Trierer Verkehrspolitik gehen, dazu kommen Stadtentwicklung, Tourismus und "Ver- und Entsorgungspolitik". "Wir wollen die Gesamtschule; Grundschulschließungen werden mit uns nicht drin sein", formuliert Verbeek die Kernpunkte. Die Linken fordern weiter einen "Sozialpass" für finanziell schlecht Gestellte. "Wer einen solchen Pass hat, könnte zum Beispiel übrig gebliebene Theaterkarten und günstige Preise bei Freizeiteinrichtungen und Stadtbussen erhalten", erklärt Werner. Auch für verbilligte Strom- und Gaspreise für sozial Schwache will die Linke eintreten. Einen solchen "Energie-Sozialtarif" hatten die Linken vor wenigen Wochen in den Bundestag eingebracht, waren damit jedoch auf Widerstand bei allen anderen Parteien gestoßen. Angst davor, auch i m Trierer Stadtrat für die eigenen Ideen keine Mehrheiten zu finden, hat Verbeek nicht. "Wir werden unsere Inhalte im Rat vertreten", erklärt Verbeek. Dabei hätten - wie zum Beispiel die Grünen in Sachen Gesamtschule - andere Parteien durchaus ähnliche Ziele. Dass die Unterstützung der Bürger fehlen könnte, fürchten die Linken ebenfalls nicht: "Wenn die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, dann gibt's in anderen Ländern Revolten. Wir fangen das mit unserer Politik auf", erklärt Volkmar Winter.

Meinung
Die Hürden sind nicht allzu hoch

Allzu schwer dürfte der Einzug in den Trierer Stadtrat für die Linke nicht werden: Die 3,03-Prozent-Hürde für Kommunalparlamente gibt es nicht mehr, bei der Bundestagswahl 2005 holten die Linken im Wahlkreis Trier 5,8 Prozent und bei der Landtagswahl 2006 sammelte Direktkandidatin Katrin Werner 3,3 Prozent. Dass bei der Trierer SPD immer noch weit und breit kein Spitzenkandidat auszumachen ist, die Grünen zurzeit nicht gerade an einem Strang ziehen und der Rat wegen Triers Großstadt-Status künftig 56 statt 52 Sitze hat, verbessert die Chancen der Linken zusätzlich. Setzen sie dann noch auf ein so wichtiges, aber auch populistisch einfach auszubeutendes Thema wie die angedachten Schulschließungen, dürften ihnen mehrere Mandate sicher sein. Kaum vorstellbar, dass die anderen Parteien da ihren Ehrenkodex aufrechterhalten werden, das sensible Thema Schulen nicht für den Wahlkampf zu missbrauchen. c.wolff@volksfreund.de

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