Mit den Händen reden

Jedes Kind will kommunizieren - auch wenn es nicht oder kaum über Lautsprache verfügt. Mit Hilfe von Gebärden kann eine Ausdrucksmöglichkeit gefunden werden. Ein neues Buch gibt Fachkräften in Schulen und Kindergärten sowie Eltern wertvolle praktische Unterstützung.

 Monika Köhnen (links) und Heike Roth haben ein Buch veröffentlicht, das Hilfe für nichtsprechende Kinder bietet. TV-Foto: Gabriela Böhm

Monika Köhnen (links) und Heike Roth haben ein Buch veröffentlicht, das Hilfe für nichtsprechende Kinder bietet. TV-Foto: Gabriela Böhm

Schweich. Die ersten Wörter spricht ein Kind in der Regel mit zehn bis 14 Monaten. Um den zweiten Geburtstag herum kann das Kind bereits 100 bis 200 Wörter und bildet kleine Sätze. Doch was tun, wenn der kleine Mensch nicht spricht? "Je länger man wartet in der Hoffnung, dass die Sprache noch kommt, desto mehr erschwert sich die Persönlichkeitsentwicklung", sagt Monika Köhnen, Förderschullehrerin an der Schweicher Levana-Schule und Mutter von drei erwachsenen Kindern. "Wenn ein Kind drei Jahre alt ist und nicht spricht, sollten alle Alarmglocken schrillen." Denn ein nichtsprechendes Kind habe Not und entwickele oft problematische Verhaltensweisen.Autorinnen wollen Kindergärten erreichen

Monika Köhnen, mehrfache Publizistin und Referentin, hat zusammen mit ihrer Kollegin Heike Roth, Erzieherin mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung, ein neues Buch veröffentlicht: "So können wir uns besser verständigen" - Gebärden als Hilfe zum Spracherwerb und zur Förderung der Kommunikationsfähigkeit bei nichtsprechenden Kindern".Das praktische Buch richtet sich an Eltern, deren Kind nicht oder kaum spricht sowie an alle Fachkräfte, die im pädagogischen oder therapeutischen Bereich arbeiten. Insbesondere Kindergärten wollen die Autorinnen erreichen. Denn es gibt immer mehr Kinder, so haben sie beobachtet, die nicht sprechen - eine im Hinblick auf die Persönlichkeitsbildung fatale Entwicklung. Daher gilt es, nach anderen Verständigungsmöglichkeiten zu suchen. "Und zwar sobald erkennbar ist, dass ein Kind Schwierigkeiten mit der Lautsprache hat", betont Köhnen. An der Schweicher Förderschule mit dem Schwerpunkt ganzheitliches Lernen wird bereits seit 15 Jahren neben anderen Kommunikationshilfen mit Gebärden gesprochen. Viele Kinder finden durch den Einsatz von Gebärden erstaunlich schnell zur Lautsprache. Dabei stellen die Autorinnen klar: "Gebärden verhindern nicht das Sprechenlernen, sondern unterstützen es."Viele Eltern befürchteten, dass Kinder auf das Erlernen der Lautsprache verzichten würden, wenn man ihnen Gebärden anbiete. Das Vorurteil, dass durch Gebärden Lautsprache verhindert würde, sei durch Untersuchungen und Praxisberichte aber eindeutig widerlegt worden. Das allgemein verständlich geschriebene Buch zeigt anschaulich, wie mit den Händen nicht nur gesprochen und gesungen wird, sondern auch gelesen und sie im Rollenspiel eingesetzt werden. Äußerst hilfreich sind dazu 434 Gebärdenkarten, die Heike Roth gezeichnet hat. Sie dienen als Kopiervorlagen und entstammen dem Gebärdenlexikon für deutsche Gebärdensprache (DGS). Die Zeichnungen dienen zum Lernen für das Kind oder seine Bezugsperson. Die Gebärdenkarten umfassen die wichtigsten Vokabeln aus dem Alltags-, Schul- und Familienleben. Mit Gebärden würden sich Blockaden bei den Kindern lösen, die bislang nur Misserfolge in der Kommunikation erlebt hätten, berichtet Köhnen. "Sie konzentrieren sich nun auf ihre Hände und haben den Erfolg, dass sie verstanden werden." Monika Köhnen/Heike Roth: "So können wir uns besser verständigen", Verlag modernes Lernen, Dortmund, 19,95 Euro.

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