Mit kritischem Blick durch Trier

TRIER. Informativ, kritisch und anders: Geografen der Universität Trier legen mit "Exkursionen in Trier" einen Stadtführer vor, wie es ihn bisher noch nicht gab. In fünf Rundgängen stellen sie Trier ausführlich aus geografischen, städteplanerischen, geschichtlichen und touristischen Blickwinkeln vor.

Gleichzeitig interessant sein für Trierer und Touristen - diesen Anspruch haben viele Reiseführer über die Römerstadt. "Wir wollten zusätzlich das wissenschaftlich interessierte Publikum ansprechen", erklärt Peter Becker, Geografiestudent an der Uni Trier und Mitherausgeber. "Für uns hört Trier nicht an den Grenzen der Innenstadt und nach dem Mittelalter auf", ergänzt Dozent Christian Muschwitz, Leiter der Uni-Veranstaltung, in der der Stadtführer entstanden ist.Fünf Exkursionen durch Trier

Die Uni-Veranstaltung - eine Projektstudie im Fach Raumplanung - hatten 20 Studenten besucht. Aufgeteilt in fünf Gruppen, entwickelten sie fünf Exkursionen durch Trier. Route 1 führt dabei über den Petrisberg. Kurze, informative Texte begleiten durch 70 Jahre militärische Nutzung, Landesgartenschau, den Weinbau im Brettenbachtal und führen zu den Petrisberg-Symbolen Wasserturm und Wip-Center. Das besondere: Die Tour-Beschreibung schließt mit einer "Gesamtbewertung": "Viele positive Details, aber diskussionsbedürftiges Gesamtkonzept", urteilen die Raumplaner über den neuen Vorzeige-Stadtteil. Zwar seien Bebauung und die Mischung von Wohnen und Arbeiten zukunftsweisend, aber "innovative Ansätze" bei Versorgungs- und Verkehrsaspekten fehlten. "Es gibt weder Kindergärten noch Schulen noch Sozialeinrichtungen", legen die Wissenschaftler den Finger in die Wunde der städtischen Planer. Die zweite Tour führt unter dem Titel mit ironischem Unterton "Willkommen in Trier!" zu den modernen Toren der ältesten Stadt Deutschlands. Eine kurze, wissenschaftliche und gut verständliche Einleitung gibt Laien Einblick in das Spannungsfeld der Raumplaner. Viele Interessen - etwa von Investoren, Anliegern, Verkehrsplanern und Architekten - müssen berücksichtigt werden. Heraus kommen häufig Kompromisse. "Die Trierer Stadtplanung hat in den vergangenen Jahrzehnten oft lediglich auf Funktionalität und Investorenwünsche geachtet und auf eine einladende oder hochwertige Gestaltung wenig Rücksicht genommen", rügen die Wissenschaftler in ihrem Buch. "Läge die Arena nicht in einer Senke, sondern näher an der Straße und wäre architektonisch besser gestaltet, gäbe Trier gleich am Verteilerkreis eine visuelle Visitenkarte ab", erklärt Muschwitz. Gelungen sei dagegen die Entwicklung des angrenzenden Stadtteils Nord und "der architektonisch anspruchsvoll renovierte Kasernenkomplex der IHK mit dem passenden Neubau in avantgardistischer Glas-Stahl-Architektur". Exkursion Nummer drei beschäftigt sich mit "historischen und modernen Zäsuren im Stadtbild". Natürlich wird die Einzigartigkeit von Römermauer, Amphitheater, Kaiserthermen, Dom und Dreikönigenhaus ausführlich vorgestellt - aber es fehlen auch nicht die kritischen Stimmen zur "Zäsur" Zurmaiener Straße: "Die überdimensionierte Schnellstraße ist eine Barriere", schreiben die Raumplaner, "vielen Trier-Touristen bleibt die Mosel verborgen." Zu den wesentlichen Orten der fünf Routen (vier: "Verfolgte und Verfolger - Kirche, Kult und Macht in Trier", fünf: "Symbole in Stein und Raum: Inwertsetzung historischer Bausubstanz - verpasste Chancen, neue Herausforderungen) gibt es im zweiten Teil des Buches ausführliche Hintergrundinformationen. Zum Beispiel werden die wegweisende Technik des Passiv-Plus-Hauses auf dem Petrisberg und die Domkurien - für die Öffentlichkeit gesperrte Barockgärten im Bistumsbesitz - ausführlich vorgestellt. Dazu erläutert ein Glossar die im Stadtführer verwendeten Fachbegriffe wie Suburbanisierung oder Apsis, und ein ausführliches Literaturverzeichnis verweist auf die Quellen, derer die Studenten sich bedient haben. "Wir wollten bei den Trierern Interesse für verborgene Zusammenhänge ihrer schönen Stadt wecken", bilanziert Student und Mitherausgeber Martin Meiser. Eine kompakte Grundlage dafür haben die jungen Wissenschaftler fraglos geschaffen. "Exkursionen in Trier", 180 Seiten, 56 Abbildungen, Din A5, ist für 9,80 Euro im Trierer Buchhandel erhältlich.

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