Mofas und Mathe, Skaten und Schreiben

TRIER-NORD. 90 Jahre Förder- und 25 Jahre Bistumsschule – die St. Josef-Schule (Schöndorfer Straße) hat doppelten Grund, Jubiläum zu feiern. Aufgabe dieser Einrichtung "mit Förderschwerpunkt Lernen": Schüler in die Lage versetzen, unter ihren persönlichen Bedingungen ein menschenwürdiges Leben zu finden.

Sie knattern mit Mofas um die Ecken, flitzen mit Inline-Skates über den Teerboden, kraxeln eine Boulder-Wand (vergleichbar mit einer Kletterwand) entlang. Und das alles im Rahmen des schulischen Angebots. Das Mofa-Fahren wird als Arbeitsgemeinschaft angeboten, für die Inline-Skates werden Patenschaften übernommen, das Geld für die Wand haben die Eltern mit verschiedenen Aktionen eingenommen. Natürlich besteht die Welt der Schüler der Bistums-Privatschule St. Josef nicht nur aus solchen Betätigungen, sondern auch aus Alltag mit Mathe, Lesen, Schreiben und kreativen Arbeiten (Klassen eins bis vier) sowie berufsfeldorientiertem Praxisunterricht wie Hauswirtschaft oder Gartenbau (ab Klasse fünf). Aber die Verantwortlichen um den kommissarischen Leiter Karl Fuchs haben etliche Angebote aufgestellt. Bei vielen anderen Schulen in Trier gibt es dieselben oder ähnliche Projekte. Dennoch weist die St. Josef-Schule Besonderheiten auf. Sie ist eine "Schule mit Förderschwerpunkt Lernen", wie jene Bildungsstätten heißen, die im Volksmund gemeinhin unter dem Namen "Sonderschule" firmieren. Das Ziel seiner Einrichtung beschreibt Fuchs so: "Wir wollen unsere Schützlinge in die Lage versetzen, unter ihren persönlichen Bedingungen nach ihren Möglichkeiten ein menschenwürdiges Leben zu führen und im weiten Feld des Arbeitsmarktes unter zu kommen." Diesen Anspruch in die Tat umzusetzen, wird für Fuchs und die 13 Lehrkräfte, die sich um die sieben Klassen mit 79 Kindern kümmern, immer schwieriger. Denn die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt oder Änderungen bei der Regelung des Berufsvorbereitungsjahres führen dazu, dass es seine Schüler immer schwerer haben, Praktika oder eine Lehrstelle zu finden und später ins berufliche Leben einzusteigen. Entsprechend kommen auch auf die Verantwortlichen derzeit neue Aufgaben dazu. "Feste Kooperationen mit bestimmten Betrieben und die Begleitung der Kinder nach der Schulzeit", nennt Fuchs als Stichworte.Ziel: Ran an den Arbeitsmarkt

Wie die Kinder an den Arbeitsmarkt herangeführt werden, ist das eine Problem, das alle Schulen mit Förderschwerpunkt Lernen haben. Dass überhaupt Kinder da sind, die in den Arbeitsmarkt geführt werden können, das andere. Viele von ihnen klagen darüber, dass statt der L(ernbehinderten)-Klientel vermehrt das V(erhaltensaufälligen)-Klientel die Schule besuche; L-Schüler aus wohl situierten Familien würden nicht mehr angemeldet. Doch in Bezug auf dieses Thema hat die St. Josef-Schule Glück: Ihre Schüler kommen weitestgehend aus dem "klassischen" L-Bereich. Dennoch gewinnt die Elternarbeit, gerade bei Kindern aus sozial schwächeren Familien, immer mehr an Bedeutung. Neben der Arbeit direkt in der Schule haben Fuchs und seine Lehrer auch noch weitere Aufgabenbereiche abzudecken. Seit Beginn der 90er-Jahre gibt es ein vierstufiges Förderkonzept, in dem der generelle Besuch der Förderschule erst an vierter und letzter Stelle steht. Vorher stehen individuelle Fördermaßnahmen im Rahmen des Grundschul-Unterrichts. Da wird ein Kind dann für zwei, vier oder sechs Stunden speziell noch einmal in Mathe oder Deutsch unterrichtet, um "frühzeitig die Schwächen auffangen zu können", wie Fuchs betont. Aufgrund eines personellen Engpasses (eine Stelle zu wenig) findet dieses Angebot derzeit aber reduziert statt.

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