"Moselkaffee" an der Kaiser-Wilhelm-Brücke

TRIER. (mc) Die Trierer Familie Arenz hat dem Stadtarchiv eine 70 Jahre alte Mappe mit Illustrationen vermacht – Entwürfe zur Neugestaltung des Moselufers aus der Hand des langjährigen Gartenbaudirektors der Stadt, Gottfried Rettig.

 Aus dem Familienbesitz ins Stadtarchiv: Entwurfsskizzen aus dem Jahr 1939 haben Marianna Arenz und Sohn Thomas (beide links im Foto) der Stadt übergeben. Ein Dankeschön gab es von Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink (vorne rechts) und Stadtarchivar Bernhard Simon. Foto: Miguel Castro.

Aus dem Familienbesitz ins Stadtarchiv: Entwurfsskizzen aus dem Jahr 1939 haben Marianna Arenz und Sohn Thomas (beide links im Foto) der Stadt übergeben. Ein Dankeschön gab es von Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink (vorne rechts) und Stadtarchivar Bernhard Simon. Foto: Miguel Castro.

Die Seiten auf dem Tisch wirken vergilbt, die Ränder des braunen Einbandes fransen aus: Fast 70 Jahre alt ist eine Sammlung von zehn Illustrationen zur Neugestaltung des Moselufers in Trier-Nord. 1939 stellte Gottfried Rettig, Leiter des städtischen Gartenamtes, die Zeichnungen und Bilderklärungen zusammen. Der Beamte, später für die Wiederherstellung des Palastgartens nach dem Krieg verantwortlich, hielt damals Ideen "zur gärtnerischen Ausgestaltung des Moselufers von der neuen Brücke bis zum neuen Stadteingang im Norden" fest - gemeint ist der Bereich zwischen Kaiser-Wilhelm-Brücke und dem heutigen Verteilerkreis. Die Illustrationen seien Ausdruck des damaligen Bestrebens gewesen, die Stadt zur Mosel hin zu öffnen - als Teil eines Gesamtplans zur Stadtgestaltung, erklärt Stadtarchivar Bernhard Simon unter Verweis auf andere Publikationen. Einzelne Bilder seien bekannt gewesen, aber "eine Mappe zusammen mit den Erklärungen hatten wir noch nicht". Reproduktionen der Originale seien das, denn es fehle ein Dienstsiegel. Möglicherweise war die Mappe im Umlauf. Das erklärt vielleicht auch, warum Familie Arenz die Mappe erhielt. Die Mappe habe ihr Ehemann jedenfalls bereits im Besitz gehabt, als sie ihn geheiratet habe, sagt die 83-jährige Marianna Arenz, die als Ur-Triererin noch ein anderes Stadtbild kennen gelernt hat. Nach dem Tod ihres Mannes hat sie die Zeichnungen nun dem Stadtarchiv vermacht. "Das ist ein Beispiel dafür, dass sich die Bürger mit ihrer Stadt identifizieren", dankte Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink bei der Übergabe der Zeichnungen. Die Sammlung werde dem Bestand "Stadtansichten" zugefügt und stehe dann der interessierten Öffentlichkeit und der Forschung zur Verfügung, sagte Simon. Das Archiv sei "das Gedächtnis der Stadt" - mit mehr als nur verstaubten Akten, wie Gunther Franz, Direktor des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek, betonte. Die Mappe selber werde ein Facelifting erfahren: Entfernung von Metallteilen, Ersetzung des zerrissenen Einbandes. "Bei uns ist sie sehr gut aufgehoben", versichert Simon. Das ist auch notwendig: Nichts von dem, was Rettig damals skizzierte, ist tatsächlich umgesetzt worden. Ein "anderes" Moselufer, das nur im Kopf vorstellbar ist: Zurlauben durch eine Ufermauer mit einem Zwiebeltürmchen zum Wasser hin begrenzt, versehen mit einem Durchlass für den "Reitweg". Die weiter oben gelegene Promenade würde dann weiterlaufen bis zum "Herzstück der Anlage", dem zum Sportbad umgewandelten Exzellenzhaus - "mit freier Aussicht von den Terrassen auf das gegenüberliegende Ufer, sodass die jetzige harte Absonderung durch Mauern und Tore beseitigt wird". Durch den Krieg verhindert

Der Kriegsausbruch verhinderte dies alles. Und manches, was Rettig damals noch auf den Bildern festhielt, ist gar verschwunden: Zeichnung Nummer sechs zeigt etwa die alte Martinsmühle links von der Kaiser-Wilhelm-Brücke, die nach dem Krieg der Uferstraße weichen musste. "Hier wird dargestellt, wie das frühere Trierer Kleinod in die Ufergestaltung nach heimatpflegerischen Gesichtspunkten eingeordnet werden kann", steht im eingehefteten Begleitzettel zum Bild - idyllisch am Ufer gelegen, links davon ein nie gebautes "Moselkaffee" mit einem Blick "über die Brücke hinweg auf das Ufer".

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