Müll-Jäger auf Beute-Tour

TRIER. "Seht mal, da vorne ist ein Schirm!" Christopher rennt los, seine Freunde Jonas und Norman hinterher. Die drei gehen in die sechste Klasse der Freien Waldorfschule Trier und nehmen zusammen mit rund 200 anderen Schülern an einer städtischen Aktion teil, bei der Kinder für das Thema "Müll" sensibilisiert werden sollen.

Es ist Mittwoch, 9.30 Uhr, vor dem Eingang der Waldorfschule: Nicht alle Schüler stellen sich begeistert an, um von ihrem Lehrer Markus Rücker und Svenja Braun vom Stadtreinigungsamt Handschuhe, Müllsäcke und Greifzangen in Empfang zu nehmen. Immerhin, für die nächsten zwei Stunden entkommen sie dem Unterricht. Während einige Jungs testen, inwieweit sich die Zangen zu Schwertkämpfen eignen, übt ein Mädchen schon einmal auf dem Pausenhof: "Ich hab schon das erste Müllteil gefunden", sagt sie und hebt triumphierend ein Stück Papier in die Luft.Zunächst missmutige Gesichter

Derart gewappnet, macht sich die Klasse auf zum Mattheiser Weiher, dessen Grünanlagen sie von achtlos weggeworfenem Müll reinigen sollen. Noch immer machen einige Schüler missmutige Gesichter, während sie Papierschnipsel, Plastikflaschen und Zigarettenschachteln aus dem Gebüsch ziehen. Doch durch spektakuläre Funde wie den von Christopher werden auch sie zu "Müll-Jägern" und suchen Wald und Wiese nach Beute ab. Und die ist reichlich vorhanden, wie sich am eindrucksvollsten zwei Stunden später auf dem Hauptmarkt zeigt. Dort haben sich alle Müllsammler - neben der Waldorfschule haben sich auch die Pestalozzi-Realschule, die Cusanus-Hauptschule und das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium beteiligt - versammelt. Auf zwei Fahrzeuge der Stadt haben sie ihre Müllsäcke gestapelt. Etwa acht Kubikmeter Müll seien zusammen gekommen, sagt Helmut Müller vom Stadtreinigungsamt. Auch sperrige Gegenstände wie eine Sitzbank und einen Kinderwagen sieht man auf der Ladefläche. "Das schockiert mich nach wie vor, dass so etwas weggeworfen wird", sagt Wirtschaftsdezernentin Christiane Horsch (CDU), die die Aktion vor drei Jahren ins Leben gerufen hat. Schließlich würde die ART doch alles abholen. "Wir wollen die Jugendlichen sensibilisieren, den Abfall nicht achtlos in die Gegend zu werfen", nennt Horsch eines der Ziele der Aktion. In den zwei Stunden würden sie merken, wie anstrengend es sei, den Müll wieder einzusammeln. Außerdem würden viele erwachsene Trierer auf die Aktion und damit auf die Müllproblematik aufmerksam. "Das wollen wir auch bei den Eltern erreichen", sagt die Wirtschaftsdezernentin. Als kleines Dankeschön - und vielleicht auch, um die wenigen Missmutigen wieder zu versöhnen - verteilt Horsch an die Schüler Gutscheine für ein Fast-Food-Restaurant und verspricht Freikarten für die Landesgartenschau. Prompt bricht auf dem Hauptmarkt Jubel aus - auch bei Christopher und seinen Freunden, die ihre Gutscheine sofort in Essbares umtauschen. Die Verpackungen werfen sie später in den Mülleimer.

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