Musik erobert die dritte Dimension

TRIER. Ein Benefizkonzert für die Aidshilfe in Namibia im Dom, aber keine Almosen-Veranstaltung ohne künstlerischen Wert. Mit "Laudes" von Thomas Bracht stellten Hubertus Schmidt, Posaune, und der Organist Tomasz Adam Nowak sogar eine bemerkenswerte Komposition vor.

Man muss schon genau hinschauen, um festzustellen, woher die Posaunentöne kommen. Hubertus Schmidt spielt vor dem Altar der Hohen Domkirche Variationen von Tomasz Adam Nowak über den gregorianischen Passionshymnus "Vexilla Regis prodeunt". Der Hall im Dom macht daraus etwas Ungewöhnliches. Töne verweben sich, klingen ineinander, Musik verströmt zu einem umfassenden, allgegenwärtigen Klang-Erlebnis. Später dazu die Orgel: zunächst kaum hörbar, dann stärker, herrisch und machtvoll und doch nie isoliert hervorstechend.Nusiker suchen neue Klangmittel

Hubertus Schmidt und der komponierende Organist Tomasz Adam Nowak suchen neue Klangmittel und finden sie in den meisten Fällen. Der Hall eines Kirchenraums ist mehr als nur lästig. Musik erhält durch ihn manchmal eine neue Qualität. Zudem mischt sich der Posaunenton mit der Orgel entschieden besser, als es bei der allzu beliebten Kombination Trompete-Orgel der Fall ist. Auch wenn der Posaunist vom zweiten Stück an von der Orgelempore spielt - ein Grundzug dieses Musizierens bleibt. Musik erobert die dritte Dimension. Sie wird zur Raum-Kunst. Solch ein Ansatz lässt sich in einem Benefizkonzert, das ja Hörer anziehen und entsprechend Populäres bieten muss, nicht in allen Programmteilen praktizieren. Robert Schumanns drei Romanzen für Oboe und Klavier und die Flötensonate von Georg Friedrich Händel laufen weitgehend routiniert ab, und die Posaune ist hörbar nur ein Behelf. Da fehlte bei Hubertus Schmidt die Souveränität. Der Orgelchoral "Wir danken dir, Herr Jesu Christ" aus Bachs "Orgelbüchlein" litt in der Wiedergabe von Tomasz Adam Nowak zudem unter zu kompakter Klanggebung.Raumwirkung ist mitkomponiert

Anders die große, dichte Bach-Fantasie c-Moll. Anders auch der sinfonische Ausklang mit Gustav Holst. Anders vor allem die erstmals gespielten "Laudes" von Thomas Bracht. Die Raumwirkung ist schon mitkomponiert. In der Introduktion des viersätzigen Werks breitet der Komponist über dem vorzüglich ausgehörten Orgel-Klangteppich weit ausholende Melodie-Linien der Posaune aus. Die Komposition durchläuft danach ein ausführliches, rhythmisch geschärftes Instrumental-Rezitativ und einen diesseitig-energischen Scherzando-Satz. Im abschließenden Epilog dünnt Thomas Bracht den Klang zielgerecht aus. Musik vertraut sich dem Raum an und löst sich schließlich im Raum auf. Das ist über die Klangkunst hinaus auch ein religiöses Symbol. Das Konzert war ein Erfolg, künstlerisch und karitativ. Immerhin 4000 Euro sind nach Abzug aller Kosten zusammengekommen.

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