Muster mit Wert

Verkehrte Welt im Rathaus-Saal: Ausnahmsweise befassten sich die Ratsmitglieder nicht mit dem, was ihnen die Verwaltung üblicherweise zum Absegnen vorlegt, diesmal hatten sie den Spieß umgedreht. Insgesamt rund vier Dutzend Anträge aus eigenen Reihen diskutierten sie, drei Dutzend davon fanden die notwendige Mehrheit und sollen nun Eingang finden in das Zahlenwerk des Doppelhaushalts 2004/05, das die Stadtverwaltung im Herbst zur Beratung vorlegt. Und - um verfrühter Euphorie vorzubeugen - erst dann wird sich zeigen, welche der Projekte sich die Stadt überhaupt leisten kann. Der jetzt vom Rat in Auftrag gegebene Wunschzettel spiegelt die real-existierenden Verhältnisse in Triers Bürgervertretung wider: Die meisten der eingebrachten Vorschläge tragen die Handschrift der CDU, die sich - wie umgekehrt - der Unterstützung der UBM sicher sein konnte. Dennoch verbuchten auch Rot und Grün Abstimmungserfolge: Die Regionalbahn wird in nicht allzu ferner Zukunft am Mäusheckerweg halten, und SPD-Fraktionschef Friedel brachte sich etwa mit seiner Forderung nach Facility Management für Schulgebäude und städtische Wohnungen in Erinnerung und die Verwaltung in Zugzwang. Bis zum einigermaßen versöhnlichen Ende war es ein langer Weg. Die kollektive Stimmung pendelte zwischen ge- und entnervt. Zartbesaitete fürchteten gar, die Dauerkontrahenten OB Schröer ("Also entschuldigen Sie mal, ich bin hier der Vorsitzende") und der Grüne Clement Atzberger ("Ach wissen Sie, Herr Schröer") würden sich irgendwann an die Gurgel gehen. Aber dann verlief doch alles friedlich. Nach gut fünf Stunden war die Verbal-Schlacht geschlagen und der Stadtrat um eine wichtige Erkenntnis reicher: Wenn wir wollen, können wir Profil zeigen und die Verwaltung auf Trab halten. Insofern trotz allem Chaos eine gelungene Premiere und notwendige Image-Politur im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2004. r.morgen@volksfreund.de

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