Nächster Akt im Fall Paul von Hindenburg

Die Würfel sind gefallen: Das Hindenburg-Gymnasium wird umbenannt (TV vom Freitag). Auch wenn die dieser Entscheidung vorangehende Diskussion im Stadtrat ihre Längen hatte, war sie doch ein präzises Abbild der Frage, die Trier seit Wochen beschäftigt: Ist diese Umbenennung notwendig, gerechtfertigt oder verwerflich?

Trier. (jp) Paul von Hindenburgs neue Popularität erreichte am Donnerstagabend einen vorläufigen Höhepunkt. Nach jahrzehntelangem Schlummer hatte eine von der CDU initiierte Diskussion den zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik wieder ins grelle Licht der Scheinwerfer gezerrt, und dieses Mal fand die Ansicht, das Hindenburg-Gymnasium brauche einen neuen Namens-Patron, im Kollegium wie auch im Stadtrat eine deutliche Mehrheit.Dann streitet man eben über die Stichhaltigkeit

Der lange Monolog des Sozialdemokraten Peter Spang über Leben und Wirken Hindenburgs war eher ermüdend als erhellend, denn er rekapitulierte nur die bereits bekannten Fakten. Berti Adams (CDU) wiederholte die Intention seiner Fraktion: Keinesfalls eine Hexenjagd auf Hindenburg sei das christdemokratische Ziel gewesen, sondern die Erkenntnis, dass die deutsch-französische Ausrichtung der Schule einen Namen erfordere, der diese auch nach außen repräsentiert.Aber ist eine Absetzung Hindenburgs als Namens-Paten gleichzusetzen mit einer Verdrängung deutscher Geschichte? Und macht man sich die Sache zu einfach, wenn man Hindenburg darauf reduziert, dass er Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler berufen hat? Zwei Fragen, die in Dutzenden von Leserbriefen emotional und engagiert diskutiert wurden.Einen "Steigbügelhalter Hitlers" hat SPD-Fraktionschef Friedel Jaeger Hindenburg genannt. Und hinzugefügt: "Durch seine Handlungen und Unterlassungen ist Hindenburg als Namensgeber für eine Schule nicht tragbar." Für eine Straße übrigens auch nicht: Doch mit dem Antrag, nach der Schule auch die Hindenburgstraße umzubenennen, scheiterte die SPD am Donnerstagabend. Die CDU musste begründen, warum sie mit dem Hindenburg-Gymnasium ein Problem hat, mit der Hindenburgstraße aber nicht. Hindenburgstraße wird nicht umbenannt

Dorothee Bohr stellte sich dem Problem: "Der verständliche Wunsch der Schule nach einem der Ausrichtung entsprechenden und einen Vorbildcharakter tragenden Namen ist keine generelle Absage an eine funktionierende politische Erinnerungskultur", sagte Bohr. "Die Umbenennung der Straße ohne jede Not können wir nicht unterstützen." Schließlich habe sich noch keiner der Anwohner beschwert. Ignaz Bender, ebenfalls CDU, konterte Friedel Jaegers Aussagen: "Hindenburg hat dem NS-Regime nicht im Alleingang zum Aufstieg verholfen. Es ist viel schlimmer. Das war das deutsche Volk."Karl-Josef Gilles (FDP) glänzte mit Sachverstand und Humor: "Wenn die Hindenburgstraße ein Problem ist, dann die Sickingenstraße erst recht." Franz von Sickingen, Anführer der rheinischen und schwäbischen Ritterschaft, hat Trier 1522 belagert, konnte die Stadt aber nicht erobern und ließ seine Wut an den kurtrierischen Städten Blieskastel und St. Wendel aus.Jetzt wird der Kulturausschuss zusammen mit den Gremien der Schule nach neuen Namen suchen, anschließend wird der Stadtrat entscheiden. Als Favoriten gelten Heinrich Heine, Jean-Paul Sartre, Charles de Gaulle, Jean Monnet.

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