NPD-Chef wegen Körperverletzung angeklagt

Die Staatsanwaltschaft klagt Safet Babic (NPD) der gefährlichen Körperverletzung an. Der Vize-Landeschef der NPD könnte sein Mandat im Trierer Stadtrat verlieren, wenn er verurteilt wird und eine Freiheitsstrafe von drei Monaten oder mehr erhält.

Trier. Seit der Kommunalwahl im Juni sitzt Safet Babic (28) für die NPD im Stadtrat. Die Klage der Staatsanwaltschaft basiert auf einem Vorfall am 18. Mai in der heißen Phase des Wahlkampfs (der TV berichtete).

Die Vorwürfe: Am Abend des 18. Mai riss eine aus drei Personen bestehende Gruppe in der Zurmaiener Straße Wahlplakate der NPD ab - so das Ergebnis der Ermittlungen. "Die Staatsanwaltschaft hält es für hinreichend wahrscheinlich, dass Safet Babic, als er davon erfuhr, ein Rollkommando zur Ergreifung und Bestrafung der Plakatabreißer zusammenstellte", besagt eine gestern versandte Erklärung der Ermittler.

Dieses "Rollkommando", Babic selbst sei dabei gewesen, habe die drei Gesuchten in der Weberbach gefunden. Zwei Plakatabreißer seien geflohen, einer gestürzt. "Er wurde mit Fäusten gegen den Kopf geschlagen und mit festen Schuhen in den Unterleib getreten", schreibt die Staatsanwaltschaft. Das Opfer habe eine Gehirnerschütterung und weitere Verletzungen erlitten und sei in ein Krankenhaus gebracht worden.

Die weiteren Vorwürfe der Ermittler: Babic habe am 9. Mai eine Mitteilung auf der Homepage der NPD Trier veröffentlicht, in der er "den Holocaust in einer den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllenden Weise verharmloste". Außerdem habe er für den 8. Mai zu einer Versammlung aufgerufen, ohne die zuständige Behörde in Kenntnis gesetzt zu haben.

Die Verhandlung: Die Staatsanwaltschaft will den Fall vor der Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts verhandeln, weil der Fall eine besondere Bedeutung habe. "Diese ergibt sich aus der Stellung des Beschuldigten im öffentlichen Leben sowie dem Interesse der Öffentlichkeit und dem Bedürfnis nach einer raschen Klärung", so die Begründung.

Die Stellungnahme: "Ich habe niemanden geschlagen oder getreten und sehe diesem Prozess gelassen entgegen", sagt Safet Babic. Er habe bereits Rechtsmittel gegen die Weiterleitung seiner Verhandlung an das Landgericht eingelegt. "Unserer Ansicht nach gibt es keinen Grund, vor dem Landgericht zu verhandeln. Das Amtsgericht Trier ist zuständig."

Die möglichen Folgen: Nach der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung kann der Rat ein Mitglied per Beschluss ausschließen, wenn der Mandatsträger zu einer mindestens dreimonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden ist. Die klare Mehrheit des Stadtrats wäre offenbar bereit, diesen Beschluss zu fassen, das ergab gestern ein Rundruf des TV.

Auch das Gericht kann einem Mandatsträger die Amtsfähigkeit aberkennen, wenn er wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt wird. In beiden Fällen würde zwar Safet Babic sein Mandat im Stadtrat verlieren, nicht aber die NPD, die dann einen Nachrücker schicken müsste.

Meinung

Falls er schuldig ist

Safet Babic hat mit seinen bisherigen Auftritten und Aktionen im Stadtrat bewiesen, worum es ihm geht: Er will stören, behindern, blockieren und sowohl das Gremium als auch die Stadtverwaltung so oft wie möglich der Lächerlichkeit preisgeben. Es ist sehr wichtig, diese Tatsache klar vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung zu trennen. Die denkbare Schlussfolgerung "Er stört uns so oft, also werden wir ihn eben auf diese Weise los" wäre inakzeptabel. Babics Aktionen im Rat waren bisher keine rechtliche Basis, ihn aus dem Gremium auszuschließen, sondern sollten allenfalls eine Motivation für Rat und Verwaltung sein, seine Störaktionen in Zukunft zu erkennen und zu verhindern. Eine mögliche gefährliche Körperverletzung ist ein ganz anderes Kapitel. Falls Babics Schuld vor Gericht bewiesen wird und ein Urteil fällt, das eine Freiheitsstrafe von drei Monaten oder mehr umfasst, kann es nur eine einzige Reaktion geben: ein ohne jedes Zögern von allen Fraktionen getragener und beschlossener Ausschluss und ein Verlust seines Ratsmandats. Denn wer Menschen angreift und verletzt, hat jedes Recht auf politische Mitarbeit verloren. j.pistorius@volksfreund.de

Hintergrund
Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz: "Ein Ratsmitglied, das nach seiner Wahl durch Urteil eines deutschen Strafgerichts rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt wird, kann durch Beschluss des Rates ausgeschlossen werden, wenn es durch die Straftat die für ein Ratsmitglied erforderliche Unbescholtenheit verwirkt hat." Strafgesetzbuch: "Wer eine gefährliche Körperverletzung begeht, wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar." (jp)

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