Nach den Hausaufgaben auf den Tennisplatz

IRSCH. In dem als Wohnort für viele Familien mit Kindern beliebten Stadtteil haben überraschenderweise mehr als hundert Irscher Kinder einen neuen Freizeitspaß für sich entdeckt, der früher nur solchen "aus gutem Hause" vorbehalten war: das Tennisspielen.

Nur noch 30 Kinder spielten im Jahr 2000 in der Tennisabteilung des Sportvereins Trier-Irsch. Auch viele Mitglieder des Tennisclubs (TC) Irsch übten, als der Tennissport immer weiter an Beliebtheit einbüßte, lieber auf dem gepflegten Grün des Golfplatzes den Abschlag und kehrten der Tennisanlage den Rücken. Die 30- bis 40-Jährigen blieben immer öfter aus. Der Verein mit seinen Tennis-Plätzen und einer großen Tennishalle machte sich ernsthaft Sorgen, ob ohne Nachwuchs die Jahre des "weißen Sports" in Irsch gezählt seien. Als das Problem erkannt war, nahm Jugendwartin Marita Schneider dankbar ein neues Konzept der Trierer Tennisschule "Point" auf: Die Idee war, das Tennisspielen endlich "für fast jedermann" erschwinglich zu machen. Für zwölf Euro im Monat bot der Verein den Eltern an, ihre Kinder in kleinen Gruppen die Freude am Tennisspielen zu entdecken zu lassen. Der Spaß an der Bewegung, nicht der Ehrgeiz, zum "Tennisstar" zu avancieren, treibt die Kinder im Gruppentraining in Irsch an. Ein ungewöhnlicher Ansatz, denn üblicherweise bieten Tennisvereine den Kindern nur Einzelstunden, die pro Stunde mit 30 Euro plus Hallengebühr zu Buche schlagen. Der neue Trainer Gerwin Stupperich hat ein auf die Bedürfnisse der jungen Sportler zugeschnittenes Konzept entwickelt. Im "Kinderland" werden die Fünf- bis Neunjährigen ans Tennisspielen herangeführt. Es folgen das "Aufbautraining" mit den Neun- bis Zwölfjährigen, das "Team-Training" in leistungs- und altershomogenen Gruppen sowie das Mannschaftstraining. Über eine Kooperation mit der Grundschule Irsch können die Schüler jetzt auch Tennis als Arbeitsgemeinschaft wählen. Bei internen Clubturnieren wie Anfängerturnieren, Jugend-Clubmeisterschaften sowie auf Turnieren in der Region messen die Kinder und Jugendlichen ihre Kräfte.Zuerst die Kinder, dann die Eltern

Während der vergangenen vier Jahre zog dieses Angebot viele Kinder und Jugendliche in der Tennisabteilung. Insgesamt 110 junge Tennisspieler bilden heute 15 Bambini- und Jugend-Mannschaften, die inzwischen sogar aufgestiegen sind. War es früher noch so, dass die im Tennisverein spielenden Eltern ihre Kinder zum Tennisspielen brachten, ist es beim TC Trier-Irsch heute umgekehrt. "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Tennis zu spielen, wenn nicht meine Töchter mit Begeisterung immer hierher gekommen wären", sagt die Mutter von Regina und Johanna Beckert. Die Eltern fest in die Jugendarbeit einzubinden, ist für Jugendwartin Schneider ein weiterer Baustein ihrer erfolgreichen Arbeit. Neben den 110 Jugendlichen spielen im TC Trier-Irsch heute 150 Erwachsene. Das neue Konzept der Jugendarbeit überzeugte den Tennisverband Rheinland, der dem TC Trier-Irsch den dritten Platz beim Wettbewerb "Konzepte zur Mitgliederbindung und -erhaltung 2003" verlieh. Auch in den Tennisvereinen Ruwer, Konz-Roscheid und Schweich bietet die Tennisschule "Point" ihr neues Konzept an. "Doch in Irsch läuft es einfach am besten", berichtet Trainer Gerwin Stupperich. Befreundete Jugendliche verabreden sich inzwischen auch spontan nach den Hausaufgaben zu einem Tennisspiel auf dem Platz. Sich mit anderen zu messen und sie herauszufordern, mache die Faszination des Tennis aus - im Unterschied zu Fußball, wo das gemeinsame Gewinnen und Verlieren im Vordergrund stehe. Doch fördere Tennisspielen bei den Kindern nicht notwendigerweise ein Einzelkämpfertum. "Man lernt im Tennis was fürs Leben: sich auf den Punkt konzentrieren, Fairness dem Gegner gegenüber, bei einer Niederlage nicht sofort aufgeben und Zuverlässigkeit", betont Marita Schneider.

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