Nachwuchs dringend gesucht

TRIER. (DiL) Kinderchöre erfreuen sich großer Beliebtheit. Oft sind sie aber nur eine "Durchgangsstation" auf der Suche nach Freizeitbeschäftigung. Je höher die künstlerischen Ansprüche, desto aufwändiger ist die Nachwuchssuche - wie das Beispiel der Trierer Sängerknaben zeigt.

"Undstellt euch vor: wir fahren zu Konzerten nach Rom oder Paris."Michael Marx weiß, womit man Achtjährige begeistern kann. Selbstdiejenigen unter den 15 Jungs aus der Grundschule Pfalzel, dieeher teilnahmslos seiner Schilderung über die Aktivitäten derTrierer Sängerknaben gelauscht haben, horchen plötzlich auf. Von CDs, die man produziert hat, ist die Rede, von Jugendfreizeiten in einem eigenen Haus - und das alles kostenlos, quasi als Gegenleistung für die anstregende Proben-Arbeit, die dem Erfolg der Sängerknaben zugrunde liegt.

Stöhnen bei den Probezeiten

Die Gregor-von-Pfalzel-Schule ist bereits die 15. Station, die Michael Marx in den letzten vier Wochen absolviert hat. Der angehende Grundschul-Pädagoge, selbst seit vielen Jahren bei den Sängerknaben aktiv, hat in den letzten Jahren die Rolle des "Werbers" übernommen. Die Zeiten, da die renommierte Gesangsgruppe unter Scharen von Bewerbern auswählen konnte, sind längst vorbei. "Die Konkurrenz ist groß", sagt Bruder Basilius, der Chorleiter. Und Eltern, die viel Zeit opfern, um ihre Kinder bei der Stange zu halten und zu Proben zu fahren, werden immer seltener.

Aber die Sängerknaben brauchen, schon aus stimmbruch-technischen Gründen, jedes Jahr frisches Blut unter den Zweit- und Drittklässlern. "Zehn pro Jahrgang wären gut", weiß Michael Marx. Nicht alle bleiben auf Dauer dabei, und meist können sie nur fünf Jahre die Knabenstimmen singen, bevor die Natur ihren Tribut fordert. Aber dieses Jahr sind erst zwei zum Stamm gestoßen - zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig.

So zieht Michael Marx durch die Grundschulen auf der Suche nach Interessenten. Nicht überall ist die Aufnahme so freundlich und die Vorbereitung so gut wie in Pfalzel. Eine Lehrerin bringt sogar einen Erstklässler vorbei, der "besonders talentiert" sei. Marx versteht es, das Chorleben schmackhaft zu machen. Aber als er die Probezeiten nennt, Dienstags und Donerstags jeweils von 16.15 bis 18.30 Uhr, geht ein Raunen durch die Bänke. "Da habe ich Fußball", sagt der eine, andere verweisen auf den Kommunionsunterricht oder den örtlichen Musikverein. "Das ist auch eine tolle Sache", sagt Michael Marx. Er ist bemüht, keinen Konkurrenzkampf aufkommen zu lassen. Und trotzdem: "Das sind ganz schön lange Probezeiten", sagt nicht nur Schulleiterin Mirjam Urban. Die Sängerknaben sind die "Hochleistungssportler" unter den Kinderchören, die Ausbildung ist fundiert, das Repertoire anspruchsvoll. Aber eben auch zeitaufwändig.

Martin Folz vom Spee-Chor hat weniger Nachwuchsprobleme. Gerade hat er unter den Kleinsten die dritte Gruppe eröffnet. Er verfolgt ein spielerisches Konzept, will nach eigener Aussage "weg vom Mainstream".

Aber dass bei ihm der Nachwuchs anders als bei den Sängerknaben Schlange steht, lässt sich erklären: Von 34 Jung-Sängern sind 30 Mädchen. Ein überall anzutreffender Trend: Mädchen sind eher für musische Aktivitäten zu haben.

Das macht die Situation der Sängerknaben, die schon qua Namen auf das "falsche" Geschlecht festgelegt sind, nicht einfacher. Dennoch arbeitet Michael Marx unermüdlich weiter. Immerhin: Zwei, drei von den Pfalzeler Grundschülern wollen zu Hause nachfragen, fast alle haben das Info-Blatt mitgenommen. Vielleicht klappt es ja dieses Jahr doch noch mit dem Nachwuchs-Soll.

Anmeldung bis Ende Februar unter Telefon 0651/2081028.

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