Nächtliches Tempolimit besteht weiter - Stadt und Land verlängern Pilotprojekt in der Trierer Saarstraße

Trier · Zwischen 22 und 6 Uhr gilt seit 2014 Tempo 30 in der Saarstraße. Dahinter steckt ein Pilotprojekt des Landes, das in Mainz hervorragend funktioniert hat, in Trier jedoch bisher keine der hohen Erwartungen erfüllen konnte. Dennoch soll es bis zum Ende des Jahres weiterlaufen.

 Psst! Langsam fahren! Doch viele Fahrer, die nachts in der Saarstraße unterwegs sind, ignorieren diesen Appell. Das Pilotprojekt hat die Erwartungen von Stadt und Land bisher nicht erfüllt. TV-Foto: Fabian Persch

Psst! Langsam fahren! Doch viele Fahrer, die nachts in der Saarstraße unterwegs sind, ignorieren diesen Appell. Das Pilotprojekt hat die Erwartungen von Stadt und Land bisher nicht erfüllt. TV-Foto: Fabian Persch

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Trier. "Tempo 30 wirkt. In der Nacht geht bei einer dauerhaften Geschwindigkeitsüberwachung der Lärmpegel um 3,3 Dezibel zurück." Diese gute Nachricht präsentiert Umweltstaatssekretär Thomas Griese. Doch bedauerlicherweise bezieht sie sich nicht auf Trier. Griese spricht über das Ergebnis aus der Landeshauptstadt: Die nächtliche Tempo-30-Regel hat den Verkehrslärm in der Mainzer Rheinstraße hörbar reduziert.

Doch in der Trierer Saarstraße, dort läuft dieses Projekt seit knapp zwei Jahren, wird es nachts nicht leiser, obwohl dieselbe Methode angewandt wird: Schilder, die das Tempolimit in den Nachtstunden verkünden, und Ende 2015 installierte Digitalanzeigen, die den rollenden Verkehr über seine Geschwindigkeit informieren.

"Es funktioniert allenfalls so lala", sagt Jutta Föhr, die Ortsvorsteherin von Trier-Süd. "Kein Mensch fährt nachts mit 30 hier durch", erklärt Anwohnerin Hannah Grosse-Leege. "Immer noch lassen manche Fahrer in der dann leeren Straße ihre Motoren aufheulen."

Das Tempolimit startete im Sommer 2014 als Pilotprojekt in der Saar- und Matthiasstraße (der TV berichtete). Nach den Ergebnissen einer von der Stadt Trier durchgeführten Lärmkartierung sind in diesen beiden Straßen mehr als 500 Menschen Schallpegeln von mehr als 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht ausgesetzt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht bei derart hohen Lärmpegeln dringenden Handlungsbedarf. Ab 55 Dezibel gilt ein Geräusch als laut und störend: ein Zug, ein Rasenmäher oder auch eine Hauptverkehrsstraße fallen in diesen Bereich, der das Risiko von Herz- und Kreislauferkrankungen erhöhen kann.

Das Ziel war von Beginn an eine Senkung des nächtlichen Verkehrslärms um drei Dezibel - eine nach Ansicht des Bundesumweltamts beachtliche Minderung des Lärms und klare Entlastung der Anwohner. Doch das in der Saarstraße installierte Seitenradar-Messgerät, das die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge festhalten sollte, wurde mehrfach beschädigt und manipuliert, so dass es über Monate keine brauchbaren Daten liefern und belegen konnte, ob Tempo 30 nachts tatsächlich eingehalten wird. Die Lärmmessungen dagegen funktionierten und zeigten parallel, dass die Senkung um drei Dezibel, die in Mainz erreicht worden ist, für Trier noch in weiter Ferne liegt.

Die Lärmmessstation ist vor der Wand eines Wohnhauses in der Saarstraße installiert. Die aktuellen Messwerte des Umweltministeriums zeigen allein für den bisherigen Verlauf des Monats Juli deutlich, dass die Dezibelwerte auch in den Nachtstunden konstant über 60 liegen. Dasselbe Bild im Juni und Mai. Das erklärte Ziel beim Start des Projekts 2014 war es, die Belastung für mindestens 100 Anwohner unter den Grenzwert von 55 Dezibel zu senken. Dieses Ziel, das zeigen die Werte klar, wurde bisher nicht einmal annähernd erreicht. Bereits vor einem Jahr musste das Umweltministerium in Mainz einräumen: "In Trier hat das Projekt die Erwartungen nicht erfüllt."
Dennoch läuft es weiter. Das bestätigt Dieter Jacobs vom Presseamt der Stadt Trier. "Die Anordnung von Tempo 30 und somit auch das Pilotprojekt wurden bis Ende des Jahres verlängert", sagt Jacobs am Montag.

"Erfahrungen in anderen Gemeinden zeigen, dass sich die Verkehrsteilnehmer mit der Zeit und besonders nach der Installation von Geschwindigkeitsdisplays zunehmend an die Geschwindigkeitsbeschränkung halten."
Fazit: Kommt Zeit, kommt Tempo 30. So sieht auch das Umweltministerium in Mainz die Lage. Dessen Sprecherin Stephanie Lotz bestätigt: "Die Dialogdisplays wurden im Dezember letzten Jahres installiert. Das Verhalten der Autofahrer kann sich mit solchen Displays verändern. Es ist deshalb sinnvoll, dieses Verhalten über einen längeren Zeitraum zu beobachten" Eine endgültige Aussage über den Erfolg des Projekts sei aber erst nach dessen Abschluss möglich.Meinung

Sicherheit hat Priorität
Wer finster entschlossen ist, nachts durch die Saarstraße zu rasen, der wird sich von Schildern und Hinweisdisplays mit der Aufschrift "Sie fahren gerade 70 Stundenkilometer" nicht aufhalten lassen. Das Pilotprojekt Tempo 30 ist in Trier gescheitert. Stadt und Land haben einen hohen Aufwand und viel Zeit in ein Lärmverringerungsprojekt investiert, das nicht imstande ist, Lärm zu verringern. Tempo 30 in der Saarstraße sollte auch eine Signalwirkung haben - für das Mammutprojekt Tempo 30 in der gesamten Innenstadt. Spätestens jetzt müsste auch dem hoffnungsvollsten Optimisten klar sein, dass derart einschneidende Formen der Verkehrsberuhigung nicht mit Appellen, Displays und Pilotprojekten funktionieren, sondern - leider - nur mit einem massiven Einsatz der städtischen Blitzer. Doch deren Priorität liegt darin, die Straßen sicherer zu machen - nicht leiser. j.pistorius@volksfreund.deExtra

Das sagen Anwohner der Saarstraße: Hermann-Josef Mayer, Trier (62): "Es ist ein gut gemeintes, aber nicht funktionierendes Projekt. Ich habe keine nächtliche Beruhigung des Verkehrs bemerkt. Die meisten Fahrer ignorieren die Schilder und Hinweisdisplays." Henning Lungershausen, Trier (59): "Wir ziehen bald in die Saarstraße, deswegen habe ich mich auch schon über das Projekt informiert. Ich halte es definitiv für sinnvoll!" Daniel Binz, Trier (26): "Ich habe von dem Projekt gehört und finde es nützlich. Nachts ist es ruhiger geworden." fap

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