Neonazi trifft desillusionierten Lehrer

Auf Initiative des Kriminalpräventiven Rates der Stadt Trier hat die Agentur "Theater Till" in Art eines Dokumentartheaters das Stück "Berichte über Gewalt" vorgeführt.

 Betroffenheit lösen die „Berichte über Gewalt“ des „Theaters Till“ bei den Schülern der Bischöflichen Privatschule St. Maximin und der Blandine-Merten-Realschule Trier aus. Foto: privat

Betroffenheit lösen die „Berichte über Gewalt“ des „Theaters Till“ bei den Schülern der Bischöflichen Privatschule St. Maximin und der Blandine-Merten-Realschule Trier aus. Foto: privat

Trier. (red) Die Unfallkasse Rheinland-Pfalz und der Förderverein der Bischöflichen Privatschule St. Maximin haben durch großzügige Spenden die Aufführung erst ermöglicht, die bei allen Zuschauern großen Eindruck und persönliche Betroffenheit hinterließ.

Die Agentur "Mensch - aber wie?" stellte vor kurzem in der Reichsabtei St. Maximin in Trier Schülern der Bischöflichen Privatschule St. Maximin und der Blandine-Merten-Realschule (beide Trier) fünf Personen vor, die über ihre persönlichen, gleichwohl sehr unterschiedlichen Gewalterfahrungen berichteten. Ein Neonazi, der in einem asiatischen Laden randaliert und dabei den Laden-Inhaber und Angestellte des Geschäftes mit einem Baseballschläger krankenhausreif geschlagen hatte, wurde gerichtlich verpflichtet, an der Kampagne teilzunehmen. Ohne Schuldgefühle versuchte er seine Tat zu rechtfertigen.

Ein desillusionierter Lehrer, der seinen Frust zu lange geschluckt und in einem Gewaltexzess einen Schüler zusammengeschlagen hatte, berichtete von seinen Schuldgefühlen.

Eine Frau, die als Zeugin bei einer versuchten Vergewaltigung eingeschritten war und von den Tätern mit einer Glasflasche im Gesicht entstellt wurde, reflektierte ihre Opfererfahrung und bereute ihre Zivilcourage. "Mischt euch nicht ein", lautete wegen dieser Negativ-Erfahrung letztlich ihre Botschaft.

Eine Schülerin, die mit Mobbing eine Mitschülerin in die Selbsttötung getrieben hatte, sprach sich selbst von jeder Schuld frei. Abschließend berichtete ein farbiger Ausländer, dessen Freund von Rechtsextremen zum Krüppel geprügelt worden war, in einer auf den ersten Blick sympathischen Art, dass er es für legitim hält, in einer Konfliktsituation zuerst zuzuschlagen.

Durch die eindrückliche Schilderung der persönlichen Erfahrungen und Einstellungen wurden die jungen Zuschauer derart provoziert, dass sie nicht anders konnten als sich einzumischen, sich zu äußern, sich zu wehren, Partei zu ergreifen und Stellung zu beziehen. Die Verblüffung war groß, als nach einer anschließenden Diskussion die fünf Erzähler den gebannt zuhörenden Schülern offenbarten, Schauspieler zu sein und dass die Agentur "Mensch - aber wie" nicht existiert. Die knapp 70 Minuten "Theater" werden wohl noch lange nachwirken, waren sich Schüler und die begleitenden Lehrer nach der Veranstaltung gleichermaßen einig.

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