Neros Segen und Petrus’ Rache

Trier · Frohlocken im Einzelhandel, gemischte Gefühle bei Gastronomen und Hoteliers: Der Publikumsandrang zur Nero-Ausstellung wirkt sich abseits der Museen unterschiedlich aus. Unterm Strich aber zeigt sich deutlich: Nero ist für Trier ein großer Gewinn.

 Alles Nero oder was? Die Shops des Museums am Dom (großes Foto) und des Landesmuseums werden während der Ausstellung von der Trierer Buchhandlung Stephanus betrieben. Überhaupt steht Deutschlands älteste Stadt ganz im Zeichen des Römerkaisers. TV-Foto: Roland Morgen

Alles Nero oder was? Die Shops des Museums am Dom (großes Foto) und des Landesmuseums werden während der Ausstellung von der Trierer Buchhandlung Stephanus betrieben. Überhaupt steht Deutschlands älteste Stadt ganz im Zeichen des Römerkaisers. TV-Foto: Roland Morgen

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Trier. Viele Menschen mussten in Neros Namen sterben. Bekanntestes Opfer: Petrus. Den Apostelchef ließ er der Legende nach in Rom kreuzigen. In Trier, wo Petrus als Stadtpatron verehrt und als Wettermacher gefürchtet wird, ersannen Gastronomen im Mai und Juni eine eigene Legende: "Petrus hat Nero mal gezeigt, wer am längeren Hebel sitzt", meint augenzwinkernd Marco Gruben (42), Betreiber der Gaststätte im Simeonstift, einem der drei Standorte der Nero-Ausstellung. Profitiert davon habe er aber in der Anfangsphase nicht: "Zu viel Regen. Da verzichten Ausstellungsbesucher auf Kaffee und Kuchen unter freiem Himmel." Jetzt aber laufe es prächtig.
Renner auf der Speisekarte


So läuft es 200 Meter weiter südlich schon seit Ausstellungsbeginn Mitte Mai. Der Historische Keller des Karstadt-Warenhauses bietet einen "Nero-Teller" an - Schweinesteak mit Bratkartoffeln für 7,50 Euro. "Echt ein Renner - eine super Idee von unserem Restaurantleiter Murat Cira", jubelt Karstadt-Geschäftsführer Knut Werle (56). Das Gericht sei schon einige Tausend Mal über den Tresen gegangen. Mit leicht veränderter Beilage ("Vielleicht Rote Bete statt Trauben") könne man das Ganze 2018 glatt als "Karl-Marx-Teller" auf die Speisekarte setzen.
Denn dann steht das nächste Mega-Event ins Haus: Der 200. Geburtstag des berühmtesten aller Trierer wird ebenfalls per Ausstellung in mehreren Museen plus üppigem Begleitprogramm begangen. 2016 Nero, 2018 Marx - Tourismus-Chef Hans-Albert Becker (61) ist "sehr froh", dass es eine "Kontinuität an Großereignissen gibt, die Trier international in die Medien und ins Gespräch bringen". Dass sich Nero, der null Lokalkolorit versprüht, sondern von seinem schlechten Ruf zehrt, als Zugnummer erweist, überrascht Becker nicht: "Wir werben seit 2014 sehr intensiv, zum Beispiel auf Tourismusmessen." Lohn der Mühen: Viele Busreiseunternehmen haben den Kaiser, Künstler und Tyrann ins Programm aufgenommen und chauffieren das Publikum in so großen Scharen herbei, dass es für Kurzentschlossene eng werden könnte. "Manche Tage im September sind bereits komplett ausgebucht", meldet Melanie Becker (22), die bei der Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM) die Nero-Gruppenführungen managt. Sie hat bereits mehr als 2500 Führungen (durchschnittlich 20 Teilnehmer) verkauft und ist sicher: "Da wird noch einiges hinzukommen." Vielleicht komme man sogar an die 2007er Konstantin-Ausstellung (3600 Führungen) heran. Sehr zur Freude nicht zuletzt der etwa 100 Stadtführer, die intensiv Nero-geschult die Gäste durch die Museen lotsen - in 17 Sprachen und zum Stundenlohn von 35 Euro.
Dabei ticken Besucher in Gruppen "ganz anders" also solche, die auf eigene Faust kommen. Letztere lassen sich "mehr Zeit und gönnen sich Nero-Andenken. Gruppen eilen schnell weiter zu nächsten Standort", so die Erfahrung von Georg Stephanus (52). Der Buchhandlungsinhaber betreibt die Souvenir-Shops im Landes- und Dommuseum. Dort spiegele sich der Andrang nicht so richtig wider. Wer aber in den Shop komme, sei vom Angebot begeistert. Die Palette reicht vom Kugelschreiber für 95 Cent über Badeentchen und den Ausstellungskatalog (29,95 Euro) bis zum steinernen Imperatorenkopf (240 Euro). Furcht, er könnte auf großen Teilen seines überwiegend selbst kreierten Merchandising-Sortiments sitzenbleibt, hat Stephanus nicht: "Die Zahl der Privatbesucher nimmt jetzt in der Ferienzeit stark zu."
Lob für Schaufenster-Deko


Im Einzelhandel rollt der Denar besser als sonst. Benno Skubsch (45), Vize der City-Initiative, zieht eine positive Zwischenbilanz: "Unsere Werbekampagne ,Trier brennt für Nero' zeigt positive Wirkung. Viele Touristen fühlen sich angesprochen." Für die Trier-Galerie, deren Center-Manager er ist, beziffert Skubsch das ausstellungsbedingte Besucherplus auf fünf Prozent.
Das Modehaus Marx vis à vis der Konstantin-Basilika hat einige Schaufenster im Nero- und "Trier - Zentrum der Antike"-Stil dekoriert. Was laut Geschäftsführerin Karin Kaltenkirchen (46) gut ankommt: "Es kommen viele Menschen zu uns, die noch nicht da waren, und wir ernten viel Lob für die Gestaltung, das ich gerne an unsere kreativen Deko-Damen weitergebe."Extra

Morgens mit dem Reisebus zu Nero, und abends wieder raus aus Trier - das bekommt in Trier auch die Hotellerie zu spüren: "Wir hatten uns gerade in der Anfangszeit der Ausstellung mehr versprochen", sagt Elisabeth Schug (46 Jahre), Direktorin des Park Plaza am Nikolaus-Koch-Platz in Trier. Von den Nero-Ansteckern und Münzreplikaten, die sie exklusiv für diejenigen Gäste hat anfertigen lassen, die Nero-Arrangements des Park Plaza buchen, "haben wir nach knapp der Hälfte der Ausstellungszeit noch deutlich mehr als die Hälfte übrig." Gleichwohl betreibe man recht viel Werbung für die Ausstellung: "Viele Gäste aus dem Ausland wissen nichts von der Nero-Schau. Wir machen sie gezielt darauf aufmerksam und bieten ihnen Tickets an. Das erspart das Schlangestehen an den Museumskassen." Andrea Weber (56), Geschäftsführerin des Hotels Deutscher Hof (Südallee) hat eine generelle Bitte an Ausstellungsmacher: "Schön wäre es, wenn solche Großereignisse im Sinne eines Destinationsmarketings auch in Wintermonaten stattfänden. Dann hätten Gäste, die eigens dafür anreisen, eine größere Zimmerauswahl." Von Sommer bis Oktober seien Triers Hotels ohnehin gut ausgelastet." rm.Extra

Neros Segen und Petrus’ Rache
Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"
Neros Segen und Petrus’ Rache
Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Das Rheinische Landesmuseum, das Stadtmuseum Simeonstift und das Museum am Dom zeigen in der Sonderausstellung "Kaiser, Künstler und Tyrann" die unterschiedlichen Facetten Neros, der zu den bekanntesten, aber auch am meisten verkannten Imperatoren Roms zählt. Die Ausstellung läuft seit 14. Mai und dauert bis 16. Oktober. rm.

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