Neue Freunde suchen gemeinsamen Weg

Trier · Seit gestern Abend ist die Städtepartnerschaft zwischen Trier und der chinesischen Millionenstadt Xiamen perfekt. OB Klaus Jensen und Xiamens Vize-Bürgermeister Cangzhou Zhan unterzeichneten die Partnerschaftsurkunde in einer feierlichen Stadtratssitzung.

Trier. Deutschlands älteste Stadt zeigt sich nicht gerade von ihrer besten Seite. Das bekommen vor allem die Mitglieder von vier Menschenrechtsgruppen und Sozialverbänden zu spüren, die bei stürmischem Wind und Dauerregen vor dem Rathaus eine Mahnwache abhalten. Die meisten Passanten hasten achtlos vorbei. Auch die Delegation aus Xiamen, die per Kleinbus aus dem Hotel Deutscher Hof kommend auf dem Augustinerhof eintrifft, nimmt eher beiläufig Notiz von Plakaten und zweisprachigen Flugblättern mit Forderungen nach Respektierung der Menschenrechte und einem Bleiberecht für chinesische Flüchtlinge in Deutschland. OB Jensen versichert aber, "dass wir ihre Anliegen im Rahmen der Partnerschaft vertreten werden".

Später, in der feierlichen Sitzung im Rathaussaal, spricht Triers Stadtoberhaupt den neuralgischen Punkt auf diplomatische Weise an. Die Partnerschaft diene neben kulturellen, schulischen, bürgerschaftlichen und wirtschaftlichen Kontakten auch dem Dialog über die Entwicklung der Menschenrechte. Von chinesischer Seite äußert man sich zurückhaltender. Vize-Bürgermeister Zhan preist eine "glänzende Aussicht" der Zusammenarbeit beider Städte. Generalkonsul Zhenshun Wen (Frankfurt) würdigt die Partnerschaft unter internationalen Aspekten: "Sie wird auch neue Impulse für die chinesisch-deutschen Beziehungen geben."

Der Start der 2006 auf den Weg gebrachten Städtefreundschaft hat einen würdigen Rahmen. Mitglieder des Stadttheater-Opernchors unter Leitung von Angela Händel singen Mozarts Bundeslied und beide Nationalhymnen, und die zahlreichen Gäste, darunter chinesische Studenten der Uni Trier, spenden warmherzigen Beifall für Redner und Absichtsbekundungen. Triers offizielles Geschenk ist eine von Dieter Jacobs gestaltete Glasschale, ein Unikat, das Karl Marx und den chinesischen Philosophen Konfuzius kunstvoll vereint. Mit der Unterzeichnung der Urkunden ist Triers neunte Städtepartnerschaft perfekt. Die geografische Entfernung ins der Reich der Mitte lässt sich nicht verringern, die welt- und gesellschaftsanschaulichen aber schon. Ein Anfang ist gemacht.

Meinung

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Wandel durch Annäherung - natürlich kann man argumentieren, dass eine Partnerschaft mit einer chinesischen Stadt gemäß diesem Grundsatz zumindest langfristig demokratische Fortschritte in China bringt. Andererseits sollte sich niemand etwas vormachen: China ist ein autoritärer Staat, der seine Bürger immer noch in vielerlei Hinsicht knechtet, bürgerliche Freiheiten nur sehr begrenzt zulässt, die Menschenrechte mit den Füßen tritt. Die Partnerschaft, die Trier mit der Millionen-Stadt Xiamen geschlossen hat, wird daran wenig ändern. Denn erstens ist sie vornehmlich wirtschaftspolitisch motiviert. Und wer wirtschaftliche Interessen hat, hält sich mit Kritik am Gegenüber im Zweifel vornehm zurück. Und zweitens wird die Partnerschaft aufgrund der Distanz ins Reich der Mitte und der damit verbundenen pragmatischen Schwierigkeiten vor allem akademisch bleiben - sie wird kaum bei den einfachen Bürgern ankommen, weder in Xiamen noch in Trier. Der bürgerschaftliche Austausch wird nur sehr begrenzt zustande kommen - und damit fehlt gerade das, was den Wandel durch Annäherung überhaupt erst voran bringen könnte. m.schmitz@volksfreund.de

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