Neues Quartier für Trier

Trier · Unter dem Namen Karl-Marx-Viertel wollen sich Ladeninhaber und Gastronomen organisieren: Nicht nur für gemeinsames Marketing, sondern auch, um lokalpolitisch besser Gehör zu finden.

Trier. Aus gelegentlichen Treffen von Gewerbetreibenden aus dem Bereich Karl-Marx- und Brückenstraße ist eine solide Interessengemeinschaft geworden. Jetzt wollen die Geschäftsleute den Bereich unterhalb vom Viehmarkt als Karl-Marx-Viertel vermarkten. Eine Hauptinitiatorin ist Brigitte Biertz vom Bio-Fach-Bedarf. Offensichtliches Vorbild ist die Neustraße. Dort sind Ladenbetreiber seit 2001 in einem Verein organisiert, der ursprünglich eine durchgehende Weihnachtsbeleuchtung sicherte. Mittlerweile wurden weitere Aktionen umgesetzt, außerdem dient der Verein als lokalpolitisches Sprachrohr. Zwar steht im Karl-Marx-Viertel eine Vereinsgründung noch aus, entsprechende Ambitionen sind aber vorhanden.Frust wegen Parkzeitregelung

In Richtung Römerbrücke sorgt der Straßenverkehr für Frust: Hauptkritikpunkt ist, dass die Parkuhren sich seit 2011 nur für maximal 30 Minuten sättigen lassen (der TV berichtete mehrfach). Damit wollte die Stadt mehr Verkehr in die Parkhäuser lenken und in Straßen wie der Brückenstraße eine höhere Fluktuation erreichen. "Wir haben hier aber viele Läden, bei denen 30 Minuten Parkzeit einfach nicht ausreichen", sagt Biertz. Schon kurz nach Einführung der Regelung hat es darum erste Protestaktionen gegeben, die aber erfolglos blieben. Zuletzt gab es Ende 2014 ein weiteres Gespräch im Rathaus. Oberbürgermeister Klaus Jensen habe einer Verlängerung auf wenigstens eine Stunde Parkdauer zugestimmt, bisher ist aber nichts geschehen.Auch die beim Ortstermin mit dem Volksfreund von vielen gewünschte Tempo-30-Zone in Karl-Marx- und Brückenstraße sei laut OB beschlossene Sache, berichtet Biertz. Tatsächlich erkennt das in Fortschreibung befindliche städtische Mobilitätskonzept die Karl-Marx-Straße als "besonders unfallträchtig" für Radfahrer. Eine Reduzierung des Autoverkehrs sowie sogar eine Ausweisung als verkehrsberuhigter Bereich wird nicht nur erwähnt: Eine zumindest provisorische Umsetzung erster Maßnahmen wird mit Prioritätsstufe 1 angekündigt. Bisher ohne konkrete Folgen.Hohe Gebühr für Fahrradständer

Dabei können die Mühlen der Verwaltung auch deutlich schneller laufen, wie Gabi Rüffer als Betreiberin des Naturkostladens "Die Zwiebel" erfahren durfte: "Ich habe einen Fahrradständer vor der Tür stehen, wo auch ganz klein der Name des Ladens drauf stand. Da kam ziemlich schnell ein Mitarbeiter des Ordnungsamts und hat gesagt, dass das nicht zulässig sei." Für den Fahrradständer bezahle sie 280 Euro Sondernutzungsgebühr pro Jahr. Nach Ansicht von Brigitte Biertz ist abseits der Fußgängerzone diese Gebühr ohnehin viel zu hoch. Dem Wunsch nach deren Abschaffung habe der OB aber eine Absage erteilt. Biertz will aber dafür kämpfen, dass die Gebühr wenigstens für "gemeinsame Ausgaben" deutlich sinkt — um etwa über das Aufstellen von einheitlichen Blumenkübeln oder Sitzmöbeln der Straße mehr Flair zu verleihen.Ein Ansinnen, das durch Biertz bereits im Bürgerhaushalt 2012 vorgeschlagen wurde. Der Ortsbeirat bezeichnete damals in seiner Stellungnahme die Schaffung von Sitzgelegenheiten als "wichtiges Anliegen": "Mit der Stadtverwaltung sollen mögliche Standorte erörtert werden", heißt es im Protokoll der Sitzung vom September 2012. Heute sagt Ortsvorsteher Dominik Heinrich auf Anfrage, dass man damals nicht das Engagement grundsätzlich dämpfen wollte. Aufgrund der beengten Verhältnisse seien Sitzgelegenheiten und Pflanzenschmuck in Kübeln aber wohl nur an wenigen Stellen denkbar.Über die Organisation als Karl-Marx-Viertel soll aber nicht nur Streitbares angegangen werden, betont Birtz, sondern auch "Positives" in einem Viertel, in dem neben Geschäften auch Kunst und Kultur vorhanden seien. Wie zur Bestätigung ist auch der Noch-Intendant des nahe gelegenen Theaters beim Lokaltermin vor Ort. Kurzentschlossen schlägt Gerhard Weber vor, das Theaterfest im September doch gleich mit einem Straßenfest zu verbinden. Man sieht: Im Kiez kennt man sich.Meinung

Gemeinsamkeit macht starkDie Absicht der Ladeninhaber, gemeinsam als Karl-Marx-Viertel aufzutreten, ist eine gute Idee. Wie man in der Neustraße sieht, nutzt solches Engagement nicht nur den Geschäftsleuten, sondern der Stadt an sich: Der Abschluss der Fußgängerzone hat sich deutlich zum Positiven gewandelt. Auch auf dem Weg zur Römerbrücke ist es den Gewerbetreibenden zu gönnen, dass sich an einigen der kritisierten Punkte etwas tut. Denn die Inhaber der vielen liebevoll geführten Geschäfte haben schon Beachtliches geleistet: Abseits der großen Franchise-Ketten haben sie die einstige Schmuddelecke in ein spannendes Viertel verwandelt. Es wäre schön, wenn vom Rathaus aus nicht nur die Kontrolleure des Ordnungsamts hier auf Entdeckungsreise gingen. trier@volksfreund.de

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