Nicht für die Schublade

TRIER. In einem kleinen Häuschen in der Bachstraße hat Amelie Jonas ihr Atelier. Dort kann man allerlei alltägliche und nicht alltägliche Gegenstände kaufen, die das Leben verschönern. Das Besondere: Die Fotoalben, Tagebücher, Lesezeichen und andere schöne Kleinigkeiten sind mit Aquarellen der Hobbykünstlerin verziert.

Ganz niedrig und schmal ist die Tür, durch die man in den kleinen Laden von Amelie Jonas tritt. "Meine Goßmutter hat die Tür damals noch für 45 Mark gekauft", sagt Amelie Jonas. Die Großmutter der Hobbykünstlerin ist allgegenwärtig in dem winzigen, 200 Jahre alten Häuschen, das jetzt ein geräumiges Atelier ist: Bis zu ihrem 97. Lebensjahr hatte Ella Spurzen darin gewohnt. Den Lehmbau, der - außen gemessen - nur sechs mal sechs Meter groß ist, teilten sich zeitweise sieben Familienmitglieder, und er ist das Geburtshaus von Amelie Jonas. "Weil mein Mann und ich das Häuschen erhalten wollten, haben wir uns entschlossen, ein Atelier daraus zu machen", erzählt Amelie Jonas.Licht durchfluteter Raum statt trennenden Wänden

Und so wurde das Anfang des 19. Jahrhunderts erbaute Haus vor vier Jahren 13 Monate lang renoviert. Mit Erfolg: Wo früher trennende Wände kleine Zimmer bildeten, beherbergt nun ein großer, heller Raum, der bis zur Decke reicht und nur durch eine winzige Galerie unterteilt ist, die Arbeiten von Amelie Jonas. Fotoalben aus schwarzem Karton oder gelbem Pressholz, Lesezeichen in Dreiecksform, Tagebücher und kleine Kladden mit Gummibändern und bunten Perlen daran: Überall findet sich ein Aquarell. Manchmal ist auch ein Spruch dabei, von Goethe oder Antoine de Saint-Exupéry. Einige der netten Figuren erinnern mit ihrem verträumten Blick sogar ein wenig an den berühmten "kleinen Prinzen". "Die Inspiration für die Motive kommt von ganz unterschiedlichen Orten - und ich lasse mich auch gerne von den Wünschen meiner Auftraggeber leiten", sagt Amelie Jonas. Die Auftraggeber und Kunden werden immer mehr, eigentlich hauptsächlich durch Mundpropaganda: Hier hat Amelie Jonas schon mal ein Hochzeitsalbum gestaltet, dort ein Gästebuch. "Bei einer Hochzeit hieß das Thema für die gesamte Feier ,Labyrinth'. Da hat es mir besonderen Spaß gemacht, das Motto umzusetzen", erzählt die 50-jährige Künstlerin. Gerne sitzt sie oben auf der Galerie im Atelier an ihrem Schreibtisch, zeichnet, malt und bastelt, bis wieder neue Büchlein und Karten fertig sind. An Weihnachten gibt es dann im Atelier eine große Ausstellung, die Amelie Jonas mit anderen Künstlern zusammen organisiert. "Es muss menschlich stimmen zwischen uns, ich bin ja keine Galerie, und die Kosten teilen wir uns auch", erklärt Amelie Jonas. Für die Weihnachtsausstellung wird schon jetzt wieder fleißig vorbereitet, und im kommenden Frühjahr soll es eine Ausstellung mit einigen Damen geben, die Teddybären nähen - "ganz toll gemacht", schwärmt Jonas. Auch großformatige Bilder hängen an der Wand. Einige der zarten Aquarelle, auf denen immer wieder eine hölzerne Figur zum Studieren der menschlichen Proportionen vorkommt, sind ebenfalls mit Schriftzügen versehen.Sensibles Farbempfinden

Das malerische Rüstzeug hat sie sich Anfang der 80er-Jahre erst autodidaktisch beigebracht und dann fünf Jahre lang in verschiedenen Kursen vertieft. Ihre Bilder zeigen ein sensibles Farbempfinden, ihre Figuren sind sympathisch, oft sind zarte Blumen zu sehen. Das Atelier in der Bachstraße 10 (Nähe Martinskirche) ist donnerstags und freitags zwischen 14 und 18 Uhr sowie samstags zwischen 10 und 13 Uhr geöffnet. Aber: Vorsicht beim Eintreten - die alte Tür der Großmutter ist ein bisschen niedrig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort