Nie endende Suche nach dem Menschen

Kreatives Chaos herrscht im Atelier von Dieter J. J. Sommer. Stapelweise türmen sich Zeichnungen und Bilder auf den Arbeitstischen. Der 69-Jährige ist ständig im Schaffensprozess, Stillstand scheint es für ihn nicht zu geben.

 Rastlos und stetig auf der Suche nach neuen Bildern: Die Kunst ist das Sprachrohr des Trierer Künstlers Dieter J. J. Sommer. TV-Foto: Cordula Fischer

Rastlos und stetig auf der Suche nach neuen Bildern: Die Kunst ist das Sprachrohr des Trierer Künstlers Dieter J. J. Sommer. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier. "Es gibt da noch so vieles, was kommen könnte. Ich muss weitermachen", sagt Dieter J. J. Sommer. Zur Ruhe kommt der Künstler nie, dessen Produktivität auch nach einer schweren Erkrankung und folgenschweren Operation nicht abgerissen ist. Riesig ist das Gesamtwerk, das Sommer in seinem Atelier verwahrt. Und noch ist kein Ende in Sicht. "Das ist wie mit der Evolution. Es gibt kein Ziel. Ich bin pausenlos bei der Arbeit, jage meinen Vorstellungen nach."Seine Zeichnungen erinnern an die von Pablo Picasso. Der Mensch ist Sommers bevorzugtes Motiv. "Picasso ist der Zeichner. Seine Zeichnungen sind der helle Wahnsinn. Nichts hat die Kunst so sehr beeinflusst wie sein Kubismus." Sommer kopiert aber nicht, sondern findet seinen eigenen Weg. "Die Kenntnis von anderen Künstlern ist wichtig, um einen eigenen Stil zu entwickeln." So ist die Bibliothek Sommers annähernd so groß wie sein eigenes Werk.Dazu gehört unter anderem eine Bilderserie, die Sommer vor fünf Jahren in einem Künstlerbuch zusammengestellt hat. Es sind Illustrationen zum "Dekameron" von Giovanni Boccaccio, einer Novellen-Sammlung, die den Ausbruch der Pest 1348 in Florenz thematisiert. Nun plant Sommer ein neues Buch, in dem er weitere der mittlerweile über 1000 Zeichnungen kombiniert. Papierschnitte, Texte, farbige Blätter und Schwarz-Weiß-Zeichnungen sollen in rhythmischer Folge in einen Leporello gefasst werden."Sich nicht selber fesseln"

Seine Ausbildung erhielt Sommer 1955 bis 58 in der Werkkunstschule Trier. "Sehen lernen, Empfindungen entwickeln" seien neben dem Erwerb handwerklichen Könnens wichtige Eckpfeiler für ihn gewesen, die ihm sein Lehrer Peter Krisam vermittelte. In verschiedenen Agenturen beschäftigte sich Sommer anschließend mit Gebrauchsgrafik und Werbung. "Aber irgendwann habe ich gesagt: Jetzt ist Feierabend." Den Job hängte er an den Nagel. Denn künstlerisch habe man schon verloren, wenn man sich daran orientiere, was gefallen könnte. "Damit fesselt man sich selbst."Sommer war einer der ersten Dozenten an der Europäischen Kunstakademie in Trier und unterrichtete in Luxemburg. Er erhielt den Ramboux-Preis der Stadt Trier sowie die Förderpreise des Landes Rheinland-Pfalz und der Stadt Salzburg. "Eine nette Geste, aber meine Arbeit ist mir wichtiger", sagt Sommer.Und die fesselt Sommer ebenso wie der Blick in die Sterne. Sommer wäre aber nicht Sommer, wenn er nicht auch die Beschäftigung mit Astronomie zum Anlass künstlerischen Schaffens nehmen würde. "Man bekommt eine Ahnung davon, wie unbedeutend wir sind", sagt der Künstler. Unter dem Titel "Astro Comic" entstand eine Reihe farbiger Kosmos-Kompositionen.Ein neues Medium hat Sommer in jüngster Zeit mit keramischen Arbeiten für sich erschlossen. In einer Ausstellung im Eiscafé Calchera (Fleischstraße) zeigt er Wandteller mit Darstellungen von mythologischen Köpfen, Silenen und Teufeln. Ein düsteres und befremdliches Gesicht verpasst Sommer Kaiser Konstantin, dessen mephistophelische Wirkung besticht. Jeder Konstantin-Teller in Schwarzlot-Malerei ist ein Unikat, seine Herstellung limitiert und aufs Konstantin-Gedächtnisjahr beschränkt.

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