Noch ein Jahr Schonfrist für Raser

Trier · Mit knapper Mehrheit hat der Stadtrat am Montagabend für die Einführung kommunaler Geschwindigkeitsmessungen gestimmt. Bis die ersten Radargeräte zum Einsatz kommen, wird vermutlich noch ein Jahr vergehen.

Trier. Soll die Stadt Trier selbst die Geschwindigkeit auf den Straßen kontrollieren? Die Diskussion um diese Frage beschäftigt den Stadtrat bereits seit mehr als 15 Jahren. Im Juli 1998 hatte die Verwaltung erstmals den Auftrag erhalten, die Möglichkeiten zu prüfen und ein Konzept dafür zu erarbeiten. Was das Straßenverkehrsamt im Jahr 2000 unter Federführung der damaligen Dezernentin Christiane Horsch vorlegte, fand nicht die mehrheitliche Zustimmung im Rat. Auch 2010, 2012 und 2013 sorgten Anfragen und Beschlussvorschläge für hitzige Debatten im Rathaussaal.Nur eine Stimme mehr


Vielleicht war sogar der Umzug des Rates in den Saal der Europäischen Rechtsakademie (ERA) notwendig, um zu einem positiven Votum zu kommen. Im Rathaus waren am Montag die Aufräumarbeiten nach der Oberbürgermeisterwahl noch nicht beendet. Mit nur einer Stimme Mehrheit fiel so nach heftiger Debatte in 20 Redebeiträgen die Entscheidung, dass es so schnell wie möglich in Trier kommunale Blitzer geben wird.
SPD (13), Grüne (7), Linke (3) und die Piratin Darja Henseler stimmten geschlossen für den von ihnen gemeinsam eingebrachten Antrag. Mit den Stimmen der ehemals Grünen Lydia Hepke, seit den Kommunalwahlen Mitglied der CDU-Fraktion, und von Oberbürgermeister Klaus Jensen genügten an diesem Abend 26 Stimmen, um den 25 Gegnern aus den Reihen von CDU, FWG, FDP und AfD das Nachsehen zu geben.
Oberbürgermeister Klaus Jensen hatte am Ende der Debatte selbst Position bezogen: "Wir sollten es probieren", sagte der einstige Gegner der kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung. "Ich habe mich von Argumenten überzeugen lassen. Es wird sich im Straßenverkehr in Trier nichts ändern, wenn wir es nicht selbst in die Hand nehmen."
Bringt das Engagement der Stadt mehr Verkehrssicherheit oder zielt es darauf, eine neue Einnahmequelle zu erschließen? Das ist der Kern der Debatte, die im Rat emotional wie selten zuvor geführt wurde. Einig waren sich dabei alle Redner, dass die Polizei alleine nicht ausreichend den Verkehr kontrolliert.
Verkehrsdezernent Thomas Egger war für die Sitzung gut gerüstet, da die Verwaltung in der Stadtratssitzung am 11. November das Thema selbst auf die Agenda setzen wollte. "Die Vorlage dafür ist bereits fast fertig", sagte Egger und gewährte einige Einblicke. So sei nun die Anschaffung von zwei Radargeräten statt einem geplant, um sowohl an Hauptstraßen wie in wenig befahrenen Bereichen messen zu können. Er bestätigte auch Erkenntnisse aus anderen Städten, wonach mobile Blitzer für die Stadt voraussichtlich kein Zuschussgeschäft sein werden.
Wie Ralf Frühauf vom Presseamt der Stadt Trier auf Rückfrage des Trierischen Volksfreunds gestern noch einmal bestätigte, rechnet die Stadt mit einem geringen Einnahmeplus. "Ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung kann das aber nicht werden."
Das liegt vor allem an den Anschaffungskosten sowie den laufenden Betriebs- und Personalkosten. Wie Dezernent Egger bereits vor einem Jahr erläuterte, werden für den Einsatz eines mobilen Messgerätes im Zweischichtbetrieb vier Mitarbeiter im Außendienst und 3,5 Stellen im Innendienst erforderlich sein. Bei einem zweiten Messgerät dürften mindestens zwei Außendienstmitarbeiter zusätzlich notwendig werden. Bestätigen will dies die Verwaltung allerdings mit Blick auf die Ratssitzung am 11. November nicht.
Bis die mobilen Blitzanlagen in Trier aber wirklich zum Einsatz kommen, wird nach Einschätzung der Stadt vermutlich noch ein Jahr vergehen. Denn zunächst muss beim Land der Antrag auf Übernahme der kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung gestellt werden. Erst nach der Zustimmung kann die Verwaltung mit Blick auf die restriktiven Vorgaben für den städtischen Haushalt Personal einstellen und die Infrastruktur schaffen. Angesichts der Wartezeit zur Schulung neuer Hilfspolizeibeamten von bis zu sechs Monaten und wegen des notwendigen Probebetriebs wird es noch Monate dauern, bis die Stadt Trier selbst Geschwindigkeitsverstöße ahnden kann.Meinung

Vorsätze alleine genügen nicht
Wer fährt am Moselufer 50, wenn die Straße frei ist? Nicht sehr viele werden diese Frage mit Ja beantworten. Kaum ein Thema polarisiert so sehr wie das der kommunalen Blitzer. Freie Fahrt für schnelle Bürger darf in einer Stadt wie Trier nicht das Motto sein. Denn leider ist es nicht so, dass sich brave Bürger an Verkehrsregeln halten, wenn sie die Gelegenheit sehen, diese ungestraft zu ignorieren. Da mag der Vorsatz noch so groß sein, andere und vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer zu beachten. Zu oft bleibt es dabei. Und wer in der Nacht langsam fahren soll, weil es für die Anwohner weniger Lärm bedeutet … Äußerst knapp ist die Entscheidung im Rat gefallen. Es war dennoch eine gute Entscheidung. Es liegt nun in der Verantwortung der Stadt, das Beste daraus zu machen. r.neubert@volksfreund.de

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