Nukleare Schreckens-Visionen im Kreistag

Eine Routine-Diskussion im Kreistag Trier-Saarburg wurde am Montagabend zu einem nuklearen Horror-Szenario und einem massiven Eklat, provoziert von Paul Port (Bündnis 90/Die Grünen).

 Drohend ragen die Wasserdampfwolken der Kühltürme von Cattenom in den Himmel. Im Ernstfall würde die Radioaktivität schnell den Trierer Raum erreichen. Fotos: dpa

Drohend ragen die Wasserdampfwolken der Kühltürme von Cattenom in den Himmel. Im Ernstfall würde die Radioaktivität schnell den Trierer Raum erreichen. Fotos: dpa

Trier. Der Film "The Day After" zeigte 1983 im ländlichen Kansas/USA die Folgen eines atomaren Schlagabtausches der damaligen Supermächte. 2006 drehte sich die Verfilmung des Jugendbuchs "Die Wolke" von Gudrun Pausewang um die Folgen eines Super-Gaus in einem deutschen Kernkraftwerk.In beiden Filmen sind schreckliche Bilder zu sehen: Die Gesellschaft verroht. Militär und Polizei treten den panischen Menschen, die nur ihre Rettung im Sinn haben und dabei keine Rücksicht mehr kennen, mit Waffengewalt entgegen. Diese Visionen beschwor Paul Port im Kreistag wieder herauf - als Reaktion auf einen Antrag der CDU.

Die Christdemokraten hatten beantragt, weiterhin von der Landesregierung zu fordern, den Katastrophenschutz-Radius um das französische Kernkraftwerk Cattenom von 25 auf 50 Kilometer auszuweiten. Denn nur dann können die Stadt Trier und ein großer Teil des Landkreises in die Vorsorge-Planungen miteinbezogen werden. Der Kreistag hatte sich im Juni zum letzten Mal dafür eingesetzt, den Cattenom-Radius zu verdoppeln (der TV berichtete) und wieder eine Abfuhr erhalten. Im Juli schrieb das Innenministerium zurück, die Erweiterung sei "nicht erforderlich". Dagegen war der CDU-Antrag gerichtet.

Paul Port ging direkt zum Angriff über. "Überflüssig" sei der Antrag. "Vorsätzliche Volksverdummung." Der Schutz der Bevölkerung vor den Folgen einer atomaren Katastrophe sei gar nicht möglich.

"Es kann dann nur heißen: nichts wie weg", sagte Port. "Ansonsten wird es heißen müssen: Die Überlebenden werden die Toten beneiden." Die Schutzzone sei in Wahrheit eine Sperrzone, die Menschen darin seien im Notfall eine Gefahr für alle außerhalb dieser Zone Lebenden. "In einer Übung in Norddeutschland hatte die Bundeswehr den Auftrag, die Grenzen der Zone mit der Schusswaffe zu sichern und niemanden aus dem Gefahrenbereich ans sichere Ufer zu lassen", sagte der Grüne aus Reinsfeld.

"The Day After" im Kreistag Trier-Saarburg.

Rudolf Müller (CDU) warf Port vor, er sei ein "Horror-Visionär". Der Kreistag stimmte mit Ausnahme der drei Grünen für den CDU-Antrag, sich weiterhin für eine Ausweitung der Schutzzone einzusetzen.

Weitere Meldungen aus dem Kreistag auf Seite 12.

Meinung

Paul Ports peinlicher Patzer

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Paul Port ist weit über sein Ziel hinausgeschossen. Schaltet die Kernkraftwerke ab - das war seine zur generellen Agenda der Grünen passende Botschaft. Doch leider blieben sowohl die Logik als auch der gute Geschmack dabei auf der Strecke. Das Motto "Wenn es knallt, sind wir sowieso alle verloren" wäre schon an einem Stammtisch fragwürdig und hat in einer politischen Diskussion überhaupt nichts zu suchen. In der Schutzzone um Cattenom koordinieren Behörden beider Länder ihre Reaktionen im Notfall. Einsatzkräfte werden ausgerüstet und trainiert. Übungen müssen gewährleisten, dass jeder weiß, was er zu tun hat. Es ist sinnvoll und notwendig, Trier und Trier-Saarburg so weit wie möglich in diese Zone aufzunehmen. Doch die Grünen sehen in dieser Diskussion lediglich eine Chance, ihre Stimmen wieder gegen die Kernkraft zu erheben. Das war wirklich völlig daneben. j.pistorius@volksfreund.de

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