Null Bock auf Unterricht - aber was dann?

123 Verfahren gegen Schulverweigerer gab es in Trier allein in diesem Schuljahr. Zwei Projekte kümmern sich um die Wiedereingliederung in die Schulen. In einer schriftlichen Anfrage an die Stadt moniert die SPD-Fraktion, dass Schulverweigerung nicht intensiv genug bekämpft würde.

Trier. (BP) "Wem seine Eltern nicht vormachen, dass man um sieben Uhr aufstehen muss, wird das auch nicht tun." Reinhold Spitzley, Leiter der Kinder- und Jugendhilfe "Palais e.V", kennt die Klientel. Das Problem Schulverweigerung beginnt in den Familien. Wenn dort kein Wert auf Bildung gelegt wird, weil man zum Beispiel schon als Kind keinen Bock auf Schule hatte, wird man wenig unternehmen, um die jugendlichen Schulverweigerer umzustimmen. Im Projekt RidZ (Reintegration in die Zukunft) werden derzeit 16 Kinder und Jugendliche zwischen elf und 17 Jahren im Palais betreut, die eigentlich das Kapitel Schule abgeschlossen hatten. "Schule an einem anderen Ort" wird dort unter der Leitung von Bernhard Laux praktiziert. "Die Schüler werden in Kleingruppen unterrichtet und so wieder an das System Schule und an einen geregelten Tagesablauf herangeführt", sagt Laux. Rund 80 Schüler durchliefen "RidZ" in den vergangenen beiden Jahren - mit einer hohen Erfolgs-, sprich Reintegrations-Quote. Die Fälle werden in der Regel von Schulen gemeldet. "Es gibt ein einheitliches Konzept, ab wann jemand als Schulverweigerer gilt und was dann zu tun ist", sagt Spitzley, "aber die einzelnen Schulen gehen mit dem Problem unterschiedlich um, manche melden früher, manche später". Dies hat auch Jürgen Birster von der Beratungsstelle Trier-Süd der Gesellschaft für psychologische und soziale Dienste bemerkt, der seit zwei Jahren das Projekt "Aufsuchendes Krisenmanagement bei Schulverweigerern" (AKM-S) leitet. "Oft werden wir gar nicht oder viel zu spät eingeschaltet", sagt er. Bei einer Veranstaltung in Trier-Nord wurde das Thema nun öffentlich gemacht, die SPD-Fraktion richtete daher eine schriftliche Anfrage zum Thema Schulverweigerer an die Stadt. Tendenz: Die Stadt unternehme zu wenig gegen Schulverweigerer und verhänge besonders zu wenige Bußgelder, um dem Problem Herr zu werden. "Strafen sind ein Druckmittel, damit kommen wir aber nicht an das Problem heran", entgegnet Bernhard Laux vom "Palais e.V.". Viel wichtiger sei bei Androhung eines Bußgelds die Kontaktaufnahme zu einem der Hilfs-Projekte. "Wir setzen direkt in der Familie an", sagt Birster. Derweil läuft Ende des Jahres die finanzielle Förderung beider Projekte aus. Von 2006 bis 2008 finanziert die Nikolaus-Koch-Stiftung (im Falle RidZ mit Unterstützung des Landes, bei AKM-S mit der "Aktion Mensch") die Projekte. "Wir wollen auf jeden Fall weitermachen", sagt Laux und hofft auch auf eine Bezuschussung durch die Stadt, die sich bisher nicht an der Förderung beteiligt. Weiterer Bericht folgtHilfsangebote Palais e.V., Projekt RidZ (Reintegration in die Zukunft), Bernhard Laux, Telefon 0651/700164 Gesellschaft für psychologische und soziale Dienste, Projekt AKM-S (Aufsuchendes Krisenmanagement bei Schulverweigerung): Jürgen Birster, Telefon 0651/9760830

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort