Nur kein Brimborium

EHRANG. Auf das für Leute seines Kalibers übliche große Brimborium verzichtet er gerne: Robert Zingen, einst einer der einflussreichsten Trierer Politiker, wird morgen, Sonntag, 75 und feiert im kleinen Kreis.

 "Gesunde Distanz" zur Politik: Robert Zingen feiert am Sonntag seinen 75. Geburtstag.Foto: Roland Morgen

"Gesunde Distanz" zur Politik: Robert Zingen feiert am Sonntag seinen 75. Geburtstag.Foto: Roland Morgen

Robert Zingen unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von manch anderen verdienten Altvorderen: "Meine Politiker-Zeit ist vorbei. Da muss ich nicht mehr überall hinrennen um zu zeigen, dass ich früher vielleicht mal wichtig war. Ich verspüre keinen unbändigen Drang in die Öffentlichkeit." An seinem 75. Geburtstag hält er es genau so wie vor fünf Jahren. Gefeiert wird im kleinen Kreis daheim in Ehrang. Den Empfang, den die CDU Trier für ihn ausrichten wollte, hat er "guten Gewissens" abgelehnt: "Ich nenne das gesunde Distanz." Die Parteifreunde nehmen ihm das nicht krumm. Robert Zingen war schon immer ein - im positiven Sinne - eigenwilliger Typ. Der "stolze Nichtakademiker" (Zingen über Zingen), der Maschinenschlosser im Bahn-Ausbesserungswerk Trier-West gelernt hat und "nie an einer Politiker-Karriere gebastelt" hat , zog 1969 in den Stadtrat ein, avancierte 1975 zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion und prägte die Stadt-Politik wie nur wenige andere. Mit vier Oberbürgermeistern (Harnisch, Wagner, Zimmermann, Schröer) arbeitete Zingen zusammen, die drei letzten hievte maßgeblich er auf den Verwaltungschef-Sessel.Die besten Polit-Freunde waren Sozialdemokraten

Auch in Mainz mischte der Mann aus Ehrang kräftig mit. 1970/71 und von 1974 bis 1987 gehörte er dem Landtag an und war der erste umweltpolitische Sprecher der CDU. Nichtsdestotrotz: "Meine besten Freunde in der Politik hatte ich, abgesehen von meinem großen Mentor Heinrich Holkenbrink, in der SPD." Obwohl Arbeitnehmer reinsten Wassers und engagierter Bahn-Gewerkschafter, kam für Zingen ein rotes Parteibuch dennoch nicht in Frage: "Ich bin seit 1966 Christdemokrat und habe das nie bereut." Ebenfalls frei von eigenem Bedauern entschloss sich der Christdemokrat "rechtzeitig" für den Ausstieg aus der aktiven Politik. 1988 läutete er den Generationswechsel ein, gab den Fraktionsvorsitz an seinen Kronprinzen Christoph Böhr (damals 34) ab und trat bei der Kommunalwahl 1989 nicht mehr an.Faible für die Ehranger Geschichte

Der Polit-Veteran widmet sich mit Inbrunst der Aufarbeitung der Geschichte seines Stadtteils. 1990 gehörte er zu den Mitgründern des heute 150 Mitglieder zählenden und weiter florierenden Vereins Ehranger Heimat. Gemeinsam mit Peter Lieser arbeitet er zurzeit an einem Buch über "Ehranger Redewendungen und verloren gegangene Wörter". Seinen 75. Geburtstag feiert Robert Zingen morgen im Kreis seiner Familie. Mit dabei sind Gattin Marianne, die er vor 51 Jahren geheiratet hat, die Töchter Ulrike und Dorothee samt Anhang und natürlich die beiden Enkelinnen ("mein ganzer Stolz"): Julia Morbach (18) spielt im Jugendorchester Da Capo, Schwester Katharina (15) wirkt im Rock-Musical "Linie 1" des Theater-Jugendclubs in der Tuchfabrik mit. Trotz Aversion gegen großen Bahnhof: Im Haus Kapellenstraße 27 ist morgen Tag der offenen Tür. "Wer kommen will, ist eingeladen." Wünsche zum Geburtstag? "Ja, einen. Ich möchte mit meiner Frau gesund weiterleben können." Seine derzeit relativ stabile Gesundheit weiß Robert Zingen zu schätzen: "Erst recht, seit ich im vergangenen Jahr nach schwerer Krankheit dank Operation und guter Behandlung im Marienkrankenhaus dem Sensenmann von der Schippe gesprungen bin."

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