Olewiger Krönungsabend: Offene Worte und ein riesiger Rummel

Trier · Mit der Krönung der Syrerin Ninorta Bahno zur Trierer Weinkönigin (der TV berichtete) geht die Amtszeit ihrer Vorgängerin Sandra Roth zu Ende. In Erinnerung bleiben wird Sandra I. aber nicht nur wegen ihrer Auftritte als 67. Trierer Weinkönigin, sondern auch wegen einer sehr bemerkenswerten Abschiedsrede.

Hübsch anzusehen soll sie sein, nett lächeln. Charme kann auch nicht schaden, Schlagfertigkeit sowieso nicht. So wie es ein Klischee über Weinköniginnen gibt, existiert auch eines über die angemessene Abschiedsrede einer scheidenden Majestät. Das sieht vor: jede Menge Dank. Für die schönen Momente, die neuen Erfahrungen. Und die Menschen, natürlich, die vielen netten Menschen, die man während der Amtszeit kennenlernen durfte. Eine Rede, so erwartet wie vorhersehbar.

Nun fehlte all das nicht in der Abschiedsrede von Sandra I., der 67. Trierer Weinkönigin und seit Mittwochabend Ex-Majestät, - weil es ja auch stimmt. Jedoch wurde ihr anschließend zu ihrer Rede von allen Seiten gratuliert, vermutlich öfter als jeder anderen Trierer Weinkönigin jemals zuvor. Nicht weil sie ausschließlich lobende, sondern vor allem beeindruckend emotionale und ehrliche Worte fand - im Positiven für die Olewiger Winzer und Gastronomen, die befreundeten Weinmajestäten, ihre Familie und Freund David, mit dem sie seit elf Jahren liiert ist ("Dich geb' ich nicht mehr her!"). Aber auch im Negativen: "Die Kehrseite der Medaille eröffnete sich mir nun mal leider auch. Ich möchte das in meiner Rede aber nicht weiter ausbauen. Denn die Personen, die sich mit meinem stummen Appell angesprochen fühlen, wissen, worum es geht."

Erstauntes Raunen im Publikum - wen oder was sie damit wohl meint? Eine kleine Anspielung gab es dann doch noch: "Wir Weinköniginnen sind alle Botschafter des Weines und jede auf ihre Art eine wundervolle Person, die ihre Amtszeit mit ihrer individuellen Passion füllt und gefüllt hat. Jede von uns ist anders, doch im Endeffekt stehen wir alle für dasselbe Gut - den Wein. Hier darf es keinen Unterschied geben."

Eben jene Unterschiede gab es seit der Bekanntmachung, dass mit Ninorta Bahno erstmals eine Syrerin in Deutschland Weinkönigin wird, aber doch - auch wegen des riesigen, überregionalen Medienrummels, der am Mittwoch im beschaulichen Olewig für Trubel und bisweilen auch Chaos sorgte. Und der vor allem die Organisatoren regelrecht überrannt hatte.

Auf TV-Nachfrage wurde Sandra Roth dann konkreter und nannte ein Beispiel: So hätten sich nicht nur sie, sondern bestimmt auch alle 66 Trierer Weinköniginnen vor ihr gefreut, wie Ninorta ein professionelles Fotoshooting samt Visagistin machen zu dürfen (der TV berichtete). Sie sei aber trotz allem sehr froh über Ninortas Krönung. "Sie ist eine wie wir, eine von uns."

Schon seit einiger Zeit sei ihr klar gewesen, wie ihre Abschiedsrede aussehen solle, "und dazu war viel Mut nötig. Ich war heute Abend nervöser als bei meiner Antrittsrede." Schließlich habe sie nicht gewusst, wie die Leute auf ihre offenen Worte reagierten. Die waren aber größtenteils begeistert. Roth: "Toll, wie viel Wertschätzung mir hier heute Abend entgegengebracht worden ist."

Splitter

Schwere Last: Von der Stadt Trier bekam Sandra I. zum Abschied vom Beigeordneten Thomas Egger die Nachbildung einer römischen Büste geschenkt. Der war froh, zumindest diese Last schnell wieder los zu sein: "Es ist schwer - nimm's!"

Aufsehen im Ausland: Nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch im Ausland hat Trier viel Aufmerksamkeit. So titelte die norwegische Zeitung VG nyheter: "Ninorta (26) er historisk: Tysk vindronning fra Syria" (Ninorta (26) ist historisch: Deutsche Weinkönigin aus Syrien). katholieknieuwsblad.nl aus den Niederlanden schrieb: "Duitsland: uit Syrië gevluchte Aramese christen Ninorta Bahno wijnkoningin van Trier" (Deutschland: Aus Syrien geflüchtete aramäische Christin Ninorta Bahno Weinkönigin von Trier).

Die britische BBC berichtete: "Syrian refugee Ninorta Bahno crowned 'wine queen' in Germany" (Syrischer Flüchtling Ninorta Bahno zur Weinkönigin in Deutschland gekrönt). Und sogar in den USA, bei der New York Times, weiß man über Triers neue Weinkönigin Bescheid: "Ninorta Bahno was crowned 'wine queen' Wednesday by a group of vintners in Trier, an ancient town near Germany's western border with Luxembourg." (Ninorta Bahno wurde am Mittwoch von einer Gruppe von Winzern in Trier, einer alten Stadt in der Nähe von Deutschlands westlicher Grenze zu Luxemburg, zur Weinkönigin gekrönt).

Sprichwort des Tages: Für das beste Motto sorgte Sarah Schmitt, Saar-Obermosel-Weinkönigin und Trierer Glühweinkönigin: "Ich sage immer: Was du heute kannst entkorken, das verschiebe nicht auf morgen!"
Holen oder nehmen? Den charmant vorgetragenen Hinweis von Sandra Roth, sie und alle vorherigen Weinköniginnen hätten sich auch über eine Führung durch die Trierer Weinberge gefreut, holte Winzerchef Peter Terges ganz auf die trierische Art auf: "Das mit der Führung nehm ich noch nach!"

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