Orgel-Feuerwerk

TRIER-SÜD. (red) Nicht wenige assoziieren mit der Orgel ein eher unspektakuläres Instrument zur gottesdienstlichen Liedbegleitung oder Untermalung liturgischer Handlungen. Die Hörer des Silvesterkonzertes in der Trier-Süder Herz-Jesu-Kirche wurden indes eines Besseren belehrt.

Dass die Orgel mehr kann, ja, dass sie jedem anderen Konzertinstrument ebenbürtig ist, dies konnten die zahlreichen Zuhörer erneut in der Silvesternacht in Herz Jesu erleben. Der gerade 25-jährige Organist der Kathedrale von Tournai (Belgien), Etienne Walhain, demonstrierte in der dritten Veranstaltung der Reihe "Organ Fireworks" auf höchst eindrucksvolle Weise, welche klanglichen wie spieltechnischen Möglichkeiten in der Orgel stecken. Seine pianistisch geschulte, hochvirtuose Spieltechnik ließ zu keine Zeit den Gedanken aufkommen, die Königin der Instrumente sei eine betagte alte Dame, mit der man bedächtig umgehen müsse. Jugendlich frisch und mit Verve eröffnete Walhain das Konzert mit Bachs Präludium in C-Dur BWV 547, ein Werk, durchdrungen von ursprünglicher, heiter-diesseitiger Freude. Und die anschließende Fuge "orchestrierte" er zu einem farbig-transparenten Stimmengeflecht mit wirkungsvoller dynamischer Steigerung. Antonio Vivaldis Concerto grosso D-Dur und Franz Liszts symphonische Dichtung "Orpheus", beide Werke von Jean Guillou für Orgel bearbeitet, bot der junge Organist als virtuose Bravourstücke dar. Unkonventionelle Klangfarben, spritzige Tempi und eine spürbare Freude am Musizieren verbanden sich hier zu geschlossenen Interpretationen mit charaktervoller, persönlicher Note. Auch César Francks Choral in a-Moll, oftmals leblos und starr dargeboten, geriet und Walhains Händen zu einem geschmeidig-flüssigen Pièce, dessen vorwärts drängender Impetus der Eckteile in spannungsreichen Kontrast zur sanft dahinfließenden Kantilene des Mittelteils stand. Das Konzert endete mit einem der wohl berühmtesten Orgelstücke, der Toccata von Charles-Marie Widor. Für den Applaus bedankte sich der junge Belgier mit einer gelungenen Improvisation, die nochmals den Titel des Konzertes geschickt aufgriff. Erfreulich für den Orgelbauverein Herz Jesu war auch die Summe im Spendenkorb, die das Vorhaben der Renovierung erneut ein Stück weit näher bringt. Nächstes Konzert in Herz Jesu: Sonntag, 15. Januar 2006, 20.00 Uhr, Olivier Messiaen: "Neun Meditationen über die Geburt des Herrn", Alfred Müller-Kranich, Orgel; Pfarrer Stephan Wahl, Texte.

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