Orient trifft Okzident

TRIER. "Einmal Hans mit scharfer Soße" – ein Buchtitel, der Männern Angst machen könnte. Doch keine Sorge. Der Erstling von Hatice Akyün verwurstet das starke Geschlecht höchstens verbal. Gewürzt mit einem gehörigen Schuss Ironie erzählt die Berliner Autorin aus ihrem Leben zwischen zwei Gegensätzen: der deutschen Heimat und ihren türkischen Wurzeln.

Hatice lacht gerne und viel: "Ich bin ein sehr positiver Mensch", sagt sie selbst. Genau das war der Umstand, der sie ihren ersten Roman schreiben ließ. "Ich wollte endlich mal, dass man das Leben türkischer Frauen positiv darstellt. Es ist eben nicht immer mit Ehrenmord und Unterdrückung verknüpft." Die Journalistin ist ein gutes Beispiel dafür, dass man trotz religiöser Erziehung als Tochter einer konservativen Familie aus einem kleinen anatolischen Dorf durchaus typisch deutsch ("Frauen im Hosenanzug mit hoch gesteckten Haaren") leben kann. Ständig ist sie auf der Suche nach dem potenziellen Göttergatten - und in Anbetracht ihres Anforderungskatalogs dürfte diese Mission nicht so leicht zu erfüllen sein: "Einmal Hans mit scharfer Soße" wünscht sich die 35-Jährige. "Hans", weil der Name teutonische Zuverlässigkeit symbolisiere und "scharf", weil in ihm zugleich das türkische Feuer der Leidenschaft brennen sollte. Gewünschte Verpackung dieses abenteuerlichen Mixes: groß, blond und blauäugig. Doch nicht nur das Thema Männer lässt die quirlige Autorin vor Worten beinahe übersprudeln. Auch bei dem ihr innewohnenden Kulturenkonflikt - der für sie jedoch kein Problem, sondern schlicht eine Tatsache ist - kann sie aus dem Vollen schöpfen. Wenn sie aus dem Familien-Nähkästchen plaudert, sieht man Mama, Papa sowie die beiden Brüder und die drei Schwestern beinahe plastisch vor sich: Mustafa, der Jüngste, mit gespielter Proll-Attitüde als "König von Duisburg", der erfolgreiche Bruder, der deutscher ist als mancher Hans, die drei unterschiedlichen Schwestern sowie die Mama mit einer ausgeprägten Abneigung gegenüber Konsonanten, die sie ausgleicht, indem sie überall Vokale dazwischenklemmt. Und natürlich den Patriarchen der Familie, der mit seinem wetterresistenten Faible fürs Freiluftgrillen jeden Saarländer blass aussehen lässt. "Meine Familie ist immer wie der Eintritt in ein anderes Universum", sagt Hatice und erzählt in einem Atemzug vom Marktbesuch in der Türkei, wo sie sich mit Knoblauchkette um den Hals und Wassermelone auf dem Kopf durchs Gedränge zu schlängeln versuchte. Doch es gab auch schwere Zeiten: als Hatice mit 18 Jahren aus dem Elternhaus in Duisburg auszog, um ihren eigenen Weg zu gehen, herrschte einige Zeit Funkstille in der Familie. Mittlerweile haben sich die Eltern an den Lebensstil ihrer Tochter gewöhnt und mit ihr versöhnt. Dass väterliche Fürsorge auch nerven kann, kennt sie zu Genüge: In regelmäßigen Abständen wird sie auf dem Beifahrersitz des heiß geliebten Mercedes über ihren derzeitigen Beziehungsstand ausgequetscht. Ob Papa schon weiß, dass sich momentan ein Herr der Schöpfung recht viel versprechend in die Hans-Testphase vorgearbeitet hat? Das ist schon viel mehr als die "leidenschaftslosen Mitteleuropäer, die mein Herz regelmäßig schockgefrostet haben", sagt die Frau mit der türkischen Teetassen-Phobie ("Die sind so dünn, da verbrennt man sich immer die Finger"). Hoffentlich verbrennt sie sich nun nicht.

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