Paradiesisches Baknaufen-Land

ZEWEN. Über das Leben in Zewen schreibt Gastautorin Christa Heinz aus der Waldstraße. Die 41-jährige gelernte Bankkauffrau, Hausfrau und Mutter zweier Töchter (zehn und vier Jahre) zog es der Liebe wegen nach Zewen. Hier ihr Beitrag:

 Fühlt sich wohl in ihrer Wahlheimat Waldstraße: Christa Heinz mit Ehemann Herbert und den Töchtern Louisa (links) und Lilli.Foto: Erwin Klasen

Fühlt sich wohl in ihrer Wahlheimat Waldstraße: Christa Heinz mit Ehemann Herbert und den Töchtern Louisa (links) und Lilli.Foto: Erwin Klasen

In Trier-Süd geboren und geprägt und später in Heiligkreuz geformt, kam ich 1985 aus beziehungs- und wohntechnischen Gründen nach Zewen. Grund: Die Liebe zum waschechten "Zewener Jung" Herbert Heinz ließ sich nicht länger verleugnen, und der Stadtteil lag immerhin 7,5 Kilometer näher an meinem damaligen Arbeitsort Luxemburg. Bis 1993, als ich meine Berufstätigkeit im Großherzogtum beendete, um mich unserem Nachwuchs zu widmen, lernte ich Zewen überwiegend aus der Freizeit-Perspektive und als mein Schlafdorf nach einem anstrengenden Arbeitstag kennen - und schätzen. Meinen damaligen Bedürfnissen entsprechend, erlebte ich in Zewen eine Menge Annehmlichkeiten: viel Natur, den für mich schönsten Biergarten weit und breit, zewenerisch liebevoll "hanner Hein" genannt (heute "Stempers"), leckerstes Gemüse und Obst (vor allem Erdbeeren der Großbauern Greif und Grundhöfer), knackige Hähnchen und gammeren Viez beim "Thömmy" im Zewener Hof. Nicht zu vergessen exzessive Festveranstaltungen anlässlich Erdbeerkirmes und Karneval, mit legendären Auftritten und Erlebnissen, die noch heute in aller Munde sind . . . oder manchmal nur unter vorgehaltener Hand erwähnt oder gehandelt werden! Zu schätzen wusste ich auch den Radweg in die City, denn aus Zewen kommend muss man keine Steigungen überwinden. Bald lernte ich, dass es "echte" Zewener gab und solche, die schon seit mindestens zwei Generationen hier lebten. Der "echte Zewener" heißt: Fusenig, Stemper, Grundhöfer, Horsch oder Otto, oder ist zumindest seit drei Generationen im Stammbaum nachweisbar, mit einem jener verwandt oder verschwägert. Sollte ich einen vergessen haben, möge man mir verzeihen, ich stamme ja aus der Stadt! Desweiteren machte ich die Erfahrung, dass man einem Zewener wahrhafte Schandtaten niemals vergisst.Zewener halten zusammen

Zewener Familien kennen sich untereinander und wissen generationsübergreifend voneinander zu berichten. Zewener gehen außerhalb des Dorfes oft füreinander durch dick und dünn, auch wenn sie sich zuhause vielleicht gar nicht so grün sind. Kurzum: Sie halten zusammen in guten und in schlechten Zeiten. Aus der Anonymität der Stadt kommend, war dies für mich eine ganz neue Erfahrung. Als "Neubürger" tat man zwar fast nichts mehr unbeobachtet, spürte jedoch im Stadtteil eine gewisse Geborgenheit, soweit man die Akzeptanz in Zewen erlangt hatte. Im besten Fall heißt das: unkomplizierte Hilfsbereitschaft und echtes Zusammengehörigkeitsgefühl. Aus diesem generationsübergreifenden Zusammengehörigkeitsgefühl der Dorfbewohner hat sich insbesondere für alte und kranke Menschen sowie für Kinder ein soziales Netz entwickelt, und man kümmert sich auch in sehr positivem Sinne um den Nächsten. Kinder können sich ausgelassen in der Geborgenheit des Dorfes bewegen, fast jeder weiß, wo sie hingehören. Eventuell kindlich verursachte Ungereimtheiten werden untereinander bereinigt, manchmal sehr unkonventionell. Unsere "lieben Kleinen" leben hier wie im Paradies, was ich aus der Stadt nicht kannte: Spielen im Wald und am Bach, viel Bewegungsmöglichkeiten, insbesondere mit dem Fahrrad (natürlich von Ferdi Stemper), gute Einkaufsmöglichkeiten, denn Zeitschriften, Bücher und kindlichen Kleinkram gibt`s in der Buchhandlung Horsch, und leckeres hausgemachtes Eis beim Bäcker Fusenig, ebenfalls "Thömmy" genannt. Auch die Zewener Vereine bieten ein vielfäliges Kinder- und Jugendprogramm. Und wenn`s dann halt im weiter fortgeschrittenen jugendlichen Alter in Zewen keine interessanten Angebote gibt, nutzt man die gute Busverbindung in die Stadt, fährt in Fahrgemeinschaft "echter Zewener", oder nimmt sich gemeinsam ein Taxi zurück ins Baknaufen-Land! Sollte tatsächlich jemand nicht wissen, was ein Baknauf ist? Ganz einfach: Ein Knauf ist ein Knopf und "Ba" eine alte Zewener vorsilbe, die fast vor jedes Wort gesetzt wurde - warum, weiß der Koob, pardon, der Geier. Der Baknauf, heute Synonym für Zewener, war vorzugsweise der Knopf einer Hose, der dort fehlte, weil man ihn gerade jemandem an die Backe genäht hatte. Ein alter Zewener Kinderreim lautet: "an der Ba-Bach setzt en Ba-Moog (Frosch) mat em Ba-Oarsch um Ba-Stein, kuckt in`d Ba-Waasser und miet ba-quaack!" . . . säät de Baknauf.Morgen in unserer Serie: Der alte Kirchplatz. Dort stand die im Krieg zerstörte frühere Zewener Kirche.

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