Perle der Trierer "Nothilfe"

TRIER. Die Kollegen und auch die Kunden nennen Adolfine Ternes liebevoll "die Perle der Trierer Nothilfe". Als vor mehr als 20 Jahren der Verein Trierer Nothilfe den Secondhand-Laden gründete, war sie schon dabei. Auch heute steht die mittlerweile 80-Jährige noch häufig im Laden in der Thebäerstraße.

Für ihr Engagement hat sie eine einfache Erklärung: "Wenn ich Not sehe, muss ich einfach helfen." Und fügt hinzu: "Meine Tochter sagt immer, ihr komme es vor, als ob ich auf meinem Rücken ein Schild hätte mit der Aufschrift: Kommt zu mir, wenn ihr mühselig und beladen seid." Dabei war ihr eigenes Leben von Anfang an nicht leicht. Sie wuchs als jüngstes Kind mit fünf Geschwistern in Trier auf, aber bereits mit sechs Jahren war sie Vollwaise. Zusammen mit ihrer ein Jahr älteren Schwester wurde sie in einem Waisenhaus untergebracht. Während der Naziherrschaft wurde das Waisenhaus aber aus ideologischen Gründen geschlossen. So lebte Adolfine Ternes bis zu ihrem Schulabschluss im Jahr 1939 in einer Pflegefamilie in Rascheid. Nach Lehre, Arbeitsdienst und Aufenthalt in Weimar kam sie 1944 in das zerbombte Trier zurück. Es folgte 1948 die Hochzeit, und das Familienleben mit schließlich fünf Kindern begann. Mit 80 noch hinter der Ladentheke

Besonders gern erinnert sich Adolfine Ternes an die jährlichen Urlaubsreisen. "30 Jahre lang ging es an die italienische Riviera, anfangs auf einen Campingplatz, später ins Hotel." Ruhig in der Ecke sitzen und nichts tun, ist nicht ihr Ding. Als die Kinder größer wurden, begann sie, als Bedienung in verschiedenen Gaststätten zu arbeiten. 1974 wurde sie dann ihr eigener Chef, sie übernahm ein Lokal auf der Weismark und stand fünf Jahre lang hinterm Tresen. Mit Wehmut denkt sie an diese Zeit zurück, denn neben der Bewirtung der Gäste konnte Adolfine Ternes ihr Hobby ausleben, das Singen. Damit sorgte sie für gute Stimmung. Auf die Frage, ob hinter ihrem sozialen Engagement der Glaube stehe, schüttelt sie den Kopf. Nein, das habe rein menschliche Gründe, "ich bin halt so". Bis vor ein paar Jahren stand Adolfine Ternes noch täglich im Nothilfe-Laden, aber ein Herzinfarkt und eine Bypass-Operation zwangen die rüstige Dame, einen Gang zurückzuschalten. So oft es geht, ist sie dennoch bis heute in der Thebäerstraße 24 präsent. Und auch die Kundschaft weiß, was sie an ihr hat: Auf ihre Beratung beim Kleiderkauf und auf einen Plausch mit ihr will keiner verzichten. "Wenn ich ein paar Tage oder länger nicht im Geschäft war, fragen die Kunden nach, ob alles okay ist", erzählt sie. Rückhalt für ihre ehrenamtliche Tätigkeit bekommt sie von ihrer Familie. "Meine Kinder sind für mich da." Im Laden merkt man sofort, dass da die geborene Verkäuferin hinter der Theke steht. Der mit Spenden bestückte Laden in der Thebäerstraße ist ihr Leben. Das sei hier ihre zweite Familie, erklärt Adolfine Ternes. Mit Freude verweist sie auf das große Angebot und hat dabei schon wieder ein Kleidungsstück in ihren Händen. Und nicht nur "normale" Kleidung ist im Angebot, auch Raritäten hängen zwischen den Mänteln und Pullovern. Das wusste schon der wohl bekannteste Kunde, der Trierer "Meister" Guildo Horn in seinen Anfangsjahren. "Die Schlapphosen vom Guildo und von der Band, die waren von uns", verrät Adolfine Ternes und fügt stolz hinzu: "Das hat der Guildo sogar im Fernseh' erzählt." Woanders als in Trier zu leben, kann sich Adolfine Ternes nicht vorstellen. "Ich bin eine richtige Triererin", sagt sie, und ihre Augen funkeln. Dann fängt sie an, ihr eigenes Gedicht vorzutragen, das eine Hommage an ihre Heimatstadt ist.

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