Pfeifenmann und Humanist

TRIER. Seit Samstagabend hat die Trierer Fastnachts-Szene zwei frisch gebackene Regenten und einen neuen Helden. Patrick I. und Melanie I. übernahmen bei der Gala des Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval die Rolle des Prinzenpaars für die Session 2003/2004, aber zum umjubelten Star der Veranstaltung wurde der neue Kaiser-Augustus-Ordensträger Markus Merk.

Wenn der Kaiser-Augustus-Preisträger bei der ATK-Gala nach zweieinhalb Stunden der Begrüßungs-, Aufmarsch- und Krönungsrituale zu seiner Dankesredeauf die Bühne geht, sind die Gedanken und Sehnsüchte des Publikums oft schon bei der hoch verdienten Pause. Dass die traditionelle Promi-Ehrung diesmal wirklich zum unumstrittenen Höhepunkt der Sessions-Eröffnung geriet, lag am Preisträger. Bundesliga-Schiedrichter Markus Merk dokumentierte eindrucksvoll, dass sein Geschick am Rednerpult jenem auf den grünen Rasen in keiner Weise nachsteht. Ob er in Entertainer-Manier von den Gründerzeiten seiner Karriere berichtete ("Mit zwölf habe ich angefangen, zu pfeifen - bis dahin war ich ein ganz normaler Junge"), den Beitrag seiner Eltern würdigte ("Meine Mutter musste mich immer zu den Kreisklassenspielen fahren, sie parkte das Auto dann gleich in Fluchtrichtung") oder ernst und eindrucksvoll von seinem Engagement für Arme in Indien berichtete: Merk zeigte sich als der gleiche Souverän wie in Länderspielen und Champions-League-Finalen. So dokumentierte der 41-Jährige, was Laudator Horst Lachmund dem neuen Preisträger zuvor attestiert hatte: Er sei "weit mehr als ein exzellenter Pfeifenmann", nämlich ein "tätiger Humanist". Und die Begeisterung kannte keine Grenzen mehr, als Merk ankündigte, das mit dem Orden verbundene Preisgeld von 5555 Euro samt einer privaten Spende in nicht minder stolzer Höhe für den Bau eines "Trier-Hauses" im Rahmen seines indischen Hilfs-Projekts im Dorf Sogospatty zu verwenden. Der gesamte Gala-Abend war von dem Bemühen gekennzeichnet, die unvermeidlichen Formalien wie Begrüßungen, Sponsorenpflege - immerhin 28 Werbetafeln zierten die Bühne - und Ordensverleihungen auf ein zeitliches Minimum zu beschränken. Programmatisch schon der Start, als Präsident Peter Pries dem elfjährigen Funkenmariechen Jennifer Trampert (Rote Funken) bei der Eröffnung der Veranstaltung den Vortritt ließ. Ein Glanzlicht setzte das Kadettenkorps der Stadtgarde, das in Sachen Gardetanz inzwischen einsame Höhen erklommen hat - das Publikum, so zahlreich erschienen, dass die Tischreihen klaustrophobisch eng gestellt werden mussten, dankte mit Ovationen. Das scheidende Prinzenpaar Christoph und Carmen demonstrierte, wie viel Lockerheit bei öffentlichen Auftritten im Laufe einer "Legislaturperiode" entstehen kann. Die Neulinge Patrick von Quant (Ramin) und Melanie voller Energie (Wagner) haben in den nächsten Monaten jede Menge Gelegenheiten, entsprechende Erfahrungen zu sammeln. Der neue Stadtherrscher drohte dem schwungvoll auf die Bühne gesprungenen Oberbürgermeister schon mal an, bis Aschermittwoch als "Oberaufsichtsratsvorsitzender" die Amtsgeschäfte zu kontrollieren. Ansonsten erlebte das mit lokaler Prominenz gespickte Publikum eine bunte Mischung aus einheimischen Tanz-Gruppen (Rote Funken, Grün-Weiß Euren) und Profis aus der Show-Szene wie dem Bauchredner Pierre Bagé mit seiner ausgesprochen respektlosen Puppe Willi. Nach der Pause brachte Graham Bonney das Publikum buchstäblich zum Toben - und den Zeitplan durcheinander. So entglitt das Spiel, um es in der Sprache des Preisträgers zu sagen, in der Schlussphase ein wenig dem ansonsten gewohnt souverän leitenden Peter Pries. Wobei die Gäste die Verlängerung keineswegs übel nahmen, spielte doch zum Finale die inzwischen zur ATK-Stammformation avancierte Showband "Valendras" noch einmal stimmungsvoll auf. Das Thema des Abends aber blieb, ungewohnt für eine Karnevals-Veranstaltung, ein kleines Dorf in Indien. Informationen zum Projekt von Markus Merk im Internet unter www.crackneldevils.de/kinderdorf_sogospatty.htm. Spendenkonto bei der KSK Kaiserslautern, BLZ 540 502 20, Konto 276 80, Indienhilfe Kaiserslautern.

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