Plastiken statt Psychologie

TRIER-SÜD. Eine mutige Entscheidung hat Renate Diederichs getroffen. Kurz vor der letzten Prüfung in Psychologie schmiss die gebürtige Hamburgerin ihr Studium. "Mit den Händen arbeiten, das wollte ich schon immer machen", sagt sie und setzte den lange zur Seite geschobenen Wunsch in die Tat um.

"Wo Künstler ihre Ideen finden, war mir immer ein Rätsel, und ich hatte keine Ahnung, was man alles aus Stein machen kann", sagt die 47-Jährige. Nach der Schule verbrachte sie zunächst zwei Jahre im Ausland und begann dann ein Psychologie-Studium in Trier. Obwohl ihr auch das gefallen habe, gab es in ihrem Leben den Punkt, als sie während ihrer Abschlussprüfungen auch überprüfte, ob der Weg, der sich da vor ihr öffnete, der richtige sei. "So ein Psychologe, wie er sein soll, wollte ich nicht sein.""Die alten Techniken habe ich gut drauf"

Dass sie aber einmal so leben würde wie heute, konnte sie sich damals ebenso wenig vorstellen. Doch die Perspektive "Schreibtisch" ließ sie zum Arbeitsamt gehen. Ein Wendepunkt, der ihr Leben in neue Bahnen lenkte. Sie suchte sich einen Praktikumsplatz in einer Schreinerei, bekam eine Lehrstelle, die sie aber nach zwei Jahren wieder verließ. Damals lernte sie ihren Mann, den Bildhauer Thomas Föhr, kennen. Der habe sie motiviert, sich an Stein zu versuchen. So ging sie schließlich bei einem Steinmetz in die Lehre, erwarb sich Technik und Handwerkszeug dieses schweißtreibenden Berufs. "Denn ich möchte die Form schaffen können, die ich haben will", sagt Diederichs. Den Meisterbrief und den Steintechniker-Abschluss hat sie in der Tasche. "Die alten Techniken habe ich gut drauf. Alte Handwerkstechniken sind ein Fundus für mich." Dabei gehe es ihr nicht darum, blind Altes zu bewahren und verklärt von vergangenen Zeiten zu träumen. Die Faszination liege in den simplen Mitteln. "So, wie sich mein Leben überraschend anders entwickelt hat, gehe ich jetzt auch mit meinem Bildhauer-Leben um", sagt Diederichs. Unvoreingenommen und neugierig auf neue Ausdrucksformen, ist sie immer auf der Suche nach Ideen. "Viele Leute beobachten gezielt Zeitströmungen und versuchen, ihren Stil in die Zeit einzupassen", sagt Diederichs. Sie aber lasse ihren Ausdruck nicht von außen bestimmen. "Ich gucke mir gezielt Dinge nicht an", um die eigenen Ideen nicht zu sehr von anderen Künstlern beeinflussen zu lassen, sagt Diederichs. Inspiration finde sie unter anderem in der kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst. Denkanstöße ergäben sich durch die Zusammenarbeit mit ihrem Mann und die zum Teil kontrovers geführten Diskussionen mit ihm. "Die Gedanken hin und her zu werfen und zu einem gemeinsamen Ziel zu kommen, ist unser großer Vorteil." Auch Wanderungen, bei denen "ich, in mich versunken, Gedanken wälzen kann", setzten neue Bilder im Kopf frei. "Ich brauche Freiraum und Zeit, damit sich etwas entwickeln kann. Oft komme ich dann nach Hause und sage: Ich habe da eine Idee." Und dann beginnt sie, diese in Stein abzubilden.

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