Poesie mit Tiefgang

Attribute wie "brillant" oder "exzellent" sollte man sparsam verwenden. Doch wer den französischen Pianisten Jean-Marie Machado, sein Trio und den Gastsaxofonisten Andy Sheppard in der Tufa gehört hat, kommt um Superlative nicht herum. Das Auftaktkonzert 2008 des Jazzclubs Eurocore berührte mit einer feinsinnigen Verbindung von Jazz und Klassik.

 Feinsinnigen Jazz präsentieren Gastsaxofonist Andy Sheppard (Foto) und das „Trio Time“ des Pianisten Jean-Marie Machado in der Tufa Trier. TV-Foto: Anke Emmerling

Feinsinnigen Jazz präsentieren Gastsaxofonist Andy Sheppard (Foto) und das „Trio Time“ des Pianisten Jean-Marie Machado in der Tufa Trier. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Ein mit Bogen gestrichener Kontrabass, ein leise "gestreicheltes" Schlagzeug und ein sanft angeschlagener Flügel finden sich zusammen, um einen melancholischen Melodiebogen zu formen - Jean-Marie Machado hat einen lyrischen Einstieg für sein Konzert gewählt. Wer an "Ouvertüre" denkt, wird sofort bestätigt, denn der Pianist selbst verwendet diesen Begriff in der ersten seiner charmanten deutsch-französisch-englisch gemixten Moderationen. Dass er aus klassischer Ausbildung schöpft, zieht sich wie ein roter Faden durchs Programm, dessen erste, "Soeurs de sang" (Blutschwestern) betitelte Hälfte der amerikanischen Jazz-Sängerin Billie Holiday und der portugiesischen Fado-Sängerin Amalia Rodrigues gewidmet ist. Deren Verbindung sieht Machado in ihrer nah an menschlichem Erleben orientierten Melodik und Poetik. Genau die spielt er selbst, zusammen mit seinen hervorragenden Begleitmusikern, dem Bassisten Jean-Philippe Viret und dem Drummer Jacques Mathieux heraus. Er schält den Kern aus den Melodien, lässt sie buchstäblich vom Flügel "singen", der diesmal glücklicherweise ein hochwertiges Leihinstrument ist, das der Virtuosität klanglich gerecht wird. Solistische Höhenflüge

Mit ihrer Wärme, Lebendigkeit, Authentizität und Feinnervigkeit rührt diese Musik zutiefst an. Formal begeistert sie durch eine stets runde Verbindung von klarer, themenbezogener klassischer Kompositionsstruktur mit vom Jazz gewährter improvisatorischer und rhythmischer Freiheit. Wie reiche, ausgeschmückte Geschichten wirken Machados Stücke, die zwischen symphonischen Elementen und solistischen Höhenflügen ahnen lassen, dass mit "Blutsschwestern" auch Klassik und Jazz gemeint sind. Diese Ahnung verdichtet sich in der zweiten Konzerthälfte, der Kompositionen von Ravel, Poulenc und Debussy zugrunde liegen. Äußerte sich im ersten Teil die besondere Affinität des portugiesisch-italienisch-stämmigen Machado zum Fado, ist es hier die des in Marokko Aufgewachsenen zum maurisch-spanischen Einfluss. Mit von der Partie ist Sopran- und Tenorsaxofonist Andy Shepphard, der das Trio zu einer Quartett-Traumbesetzung ergänzt. Seine technisch und künstlerisch brillanten Soli tragen wesentlich zur Steigerung der ohnehin von lustvoller Spielfreude geprägten Stimmung bei. Das Finale gleicht beflügelndem Sinnesrausch, der von begeistertem Applaus und Bravo-Rufen für ein außergewöhnliches Musikereignis begleitet wird.

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