Poesie und Power

Mit Lyrikvertonungen an der Schnittstelle zwischen Gegenwartsjazz und Pop haben das Julia Hülsmann Trio und Sänger Daniel Mattar 160 Zuhörer in der Tufa in ihren Bann gezogen. Das gemeinsam vom Jazzclub Eurocore, dem Jazzclub Trier und der Tufa veranstaltete Konzert wird als eines der Extraklasse in Erinnerung bleiben.

 Temperamentvoll bearbeitet Jazzpianistin Julia Hülsmann beim Konzert in der Tufa den Flügel. TV-Foto: Anke Emmerling

Temperamentvoll bearbeitet Jazzpianistin Julia Hülsmann beim Konzert in der Tufa den Flügel. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Es sei ein Konzertabend im Zeichen von Gedichten, so schlicht kündigt die Pianistin Julia Hülsmann an, was sich später als meisterhafte Fusion von lyrischen Texten, einprägsamen Melodien und modernem Jazz entpuppt. Die Trägerin des German Jazz Awards hat unter anderem Gedichte von Emily Dickinson, einer aus calvinistischer Familie im ländlichen Massachusetts stammenden Lyrikerin des 19. Jahrhunderts, vertont und dabei Musik geschaffen, die filigran, sensibel, aber auch voll pulsierender Kraft und Vitalität Stimmungen und Bilder transportiert. Anrührende Melodien und ausgewogene Balance von sanftem Wohlklang und dramatischer Spannung bescheren ein nuancenreiches Hörerlebnis, dass seine große Ästhetik auch dadurch bezieht, dass sich die hochkarätigen Leistungen der einzelnen Musiker so zusammenfügen wie Charakterzüge zu einer Persönlichkeit. Sebastian Merk (der auch am 31. Juli bei Jazz im Brunnenhof zu hören ist) glänzt als feinfühliger Drummer, Julia Hülsmanns nicht nur musikalischer Weggefährte Marc Muellbauer als ebensolcher Bassist (wozu sicher auch sein dreimaliger Besuch des Jazz-Workshops International Anfang der 90er in Trier beigetragen hat). Und dann ist da die Stimme von Daniel Mattar, der mit Bobby McFerrin zusammen gesungen hat und manchmal an ihn erinnert. In wunderbarer Abstimmung mit Julia Hülsmanns Pianospiel übersetzt er die lyrischen Texte in gefühlvolle neuzeitliche Balladen, die Popsong wie Kunstlied wie Vokaljazz gleichermaßen sind. Schön schräge Umsetzung

Zudem bereichert er das Programm mit Eigenkompositionen wie Silvia-Plath- und Edgar-Allan-Poe-Vertonungen sowie einer schönen, fast tanzbaren Version von Christian Morgensterns "Es wird Nacht". Ganz besonders stark gelingt die Interpretation des von Julia Hülsmann bearbeiteten und einst mit Rebekka Bakken aufgenommenen Gedichts "I will wait out" von E.E. Cmmings. Hier laufen außer Mattar, der mit Vokalpercussion glänzt, auch alle anderen Musiker zu explosiver Höchstform auf. Da setzt nur noch die schön schräge Umsetzung von Randy Newmans "Mama told me not to come" als Musik gewordener Kater eins drauf, das als Zugabe noch einmal den Eindruck des ganz besonderen Konzertabends bestätigt.

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