Poker um Trierer Problembetrieb: Eu-Rec GmbH soll verschwinden

Trier · Die Stadt Trier will den Verkauf der Recyclingfirma Eu-Rec einfädeln, um deren Produktion zu beenden und Pfalzel vor üblem Geruch zu schützen. Mit im Rennen ist der Zweckverband ART.

 Die Eu-Rec GmbH beschäftigt 30 Mitarbeiter und hat ihren Sitz im Industriegebiet Trierer Hafen. Die Firma ist wegen des üblen Geruchs, der Teil ihrer Produktionsabläufe ist, sehr umstritten. Doch der Bürgerverein Pfalzel sagt: Diese Firma ist hier das kleinste Problem. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Eu-Rec GmbH beschäftigt 30 Mitarbeiter und hat ihren Sitz im Industriegebiet Trierer Hafen. Die Firma ist wegen des üblen Geruchs, der Teil ihrer Produktionsabläufe ist, sehr umstritten. Doch der Bürgerverein Pfalzel sagt: Diese Firma ist hier das kleinste Problem. TV-Foto: Friedemann Vetter


Eine Firma soll verschwinden - das ist das Ziel des Deals, der aktuell in mehreren Trierer Chefetagen verhandelt wird. Es geht um die Eu-Rec GmbH, einen Recyclingbetrieb im Industriegebiet Trierer Hafen und die wohl umstrittenste Firma der Stadt.

Die Eu-Rec GmbH verwandelt Verpackungsabfälle aus dem Gelben Sack zu Recyclingmaterial. Die an den alten Verpackungen klebenden organischen Reste haben im Ablauf der Produktion jahrelang einen sehr starken und Übelkeit erregenden Geruch verursacht, der ins benachbarte Pfalzel waberte und dort laut Aussage vieler Anwohner die Lebensqualität enorm senkte. Die ersten Beschwerden von Anwohnern tauchten Mitte 2014 auf (der TV berichtete): Übelkeit, Erbrechen, Stress.

Es folgte eine lange, intensive und sehr emotionale Auseinandersetzung. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord griff regelmäßig ein und verpflichtete schließlich den Eu-Rec-Inhaber Willi Streit, aufgrund des offenbar zerstörten Vertrauensverhältnisses einen neuen Betriebsleiter zu suchen und einzustellen und diesem die Produktion komplett zu übergeben - ein zumindest in Trier einmaliger Vorgang. Außerdem darf die Eu-Rec die Abfallfolien nur noch vorgereinigt und ohne Einsatz der Folienwaschanlage verarbeiten. Seit sie das tut, herrscht Ruhe in Pfalzel. Die Klagen über den üblen Geruch sind verstummt.

Doch die Stadt Trier will sich offenbar nicht darauf verlassen, dass das dauerhaft so bleibt. Die Verwaltung verfolgt den Plan, einen Verkauf der Eu-Rec GmbH zu ermöglichen. Der neue Besitzer soll den geruchsintensiven Recyclingbetrieb dauerhaft einstellen und die Fläche am Ostkai neu nutzen.

Die Stadt selbst kommt als Käufer aufgrund von leeren Kassen und hohen Schulden nicht infrage, übernimmt aber die Rolle des Vermittlers. Das bestätigt Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) dem TV. "Wir arbeiten an einer Lösung", sagt der Trierer Verwaltungschef und bittet um Verständnis: "Wir sind in einer sensiblen Verhandlungsphase. Ich kann deshalb keine Namen von Gesellschaften nennen, die als Käufer infrage kommen."

Eine dieser Gesellschaften ist nach TV-Informationen der Zweckverband Abfallwirtschaft im Raum Trier (ART), der großes Interesse am Eu-Rec-Gelände im Trierer Hafen haben soll. Eine Anfrage des TV führt zu einem Telefongespräch mit ART-Geschäftsführer Max Monzel, der zurzeit Urlaub in Spanien macht. Monzel dementiert die Information des TV nicht. Seine offizielle Antwort: "Wir geben zum Thema Eu-Rec keinen Kommentar ab."

Eu-Rec-Inhaber Willi Streit will verkaufen. "Wir verhandeln mit allen Seiten", sagt er. "Auch der Zweckverband ART ist an uns herangetreten." Mit der Stadt Trier dagegen habe es keinen Kontakt gegeben.

Streit lässt keinen Zweifel daran, dass er den Wert seines Betriebs sehr hoch ansetzt. "Das Interesse an verarbeitenden Betrieben wie dem unseren ist unverändert hoch." Das bedeutet wohl: Wer die Eu-Rec kaufen will, muss den Wert der Produktion bezahlen, auch wenn er sie einstellen will. "So ist es", bestätigt Streit und verweist auf das Kaufinteresse chinesischer Holdings und Hedgefonds, mit denen er in Verbindung stehe.

Info: Kita Pfalzel
Der geplante Neubau der Kita Pfalzel hängt mit den Auseinandersetzungen um die Eu-Rec GmbH zusammen, denn Eu-Rec-Chef Willi Streit hat angekündigt, Widerspruch gegen dieses Projekt einzulegen, wenn es vom Stadtrat beschlossen werden sollte. Seine Begründung: Der Bau einer Kita sei derart nahe an einem produzierenden Recyclingbetrieb unverantwortlich.

Baudezernent Andreas Ludwig (CDU) macht sich keine Sorgen. "Wir haben einen leichten Verzug von einigen Wochen, wollen diese Kita aber weiterhin bauen." Der Bebauungsplan 13 "Neubau Kita Pfalzel" steht auf der Tagesordnung des Dezernatsausschusses IV am Mittwoch, 3. Mai. Der Stadtrat wird voraussichtlich am Mittwoch, 24. Mai, die endgültige Entscheidung treffen.

Kommentar: Gute Absichten allein werden nicht reichen
Von Jörg Pistorius

Die Stadt Trier will Pfalzel retten, indem sie die Eu-Rec GmbH einfach verschwinden lässt. So sieht die Lage aus. Die Ängste der Menschen in Pfalzel vor einer Rückkehr des furchtbaren Geruchs sind derart intensiv, dass nur noch ein komplettes Ende des Recyclingbetriebs wieder Ruhe einkehren lassen würde. Oberbürgermeister Wolfram Leibe versucht seit Monaten, eine Lösung zu finden, die allen Seiten gerecht wird. Das ehrt ihn natürlich.

Doch sowohl OB Leibe als auch ART-Chef Max Monzel wissen selbstverständlich genau, dass die Eu-Rec alle Auflagen erfüllt hat und zurzeit vollkommen sauber produziert. Inhaber Willi Streit wird deshalb nicht unter Wert verkaufen. Er ist schließlich nicht die Wohlfahrt. Der Bundestag hat vor kurzem ein neues Verpackungsgesetz verabschiedet. Dessen Tenor: In Deutschland soll deutlich mehr Abfall wiederverwertet werden als bisher. Ein Job, den Firmen wie die Eu-Rec übernehmen. Deshalb sind sie nicht im Ausverkauf zu haben, auch nicht bei besten Absichten der Interessenten.
j.pistorius@volksfreund.de

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