Polizei spricht von einzigartigem Fall: Profi-Grabräuber schlagen in Ehrang zu

Trier · Ein komplettes Grab verschwindet spurlos vom Ehranger Waldfriedhof. Zwei wertvolle Grabsteine aus Marmor, Einfassung und Bepflanzung sind einfach weg, zurück bleibt nur eine fachmännisch eingeebnete Fläche. Ein unglaublicher und einzigartiger Fall, sagen Polizei und Pfarrgemeindeamt - denn nicht das Grünflächenamt war hier am Werk, sondern professionelle Diebe.

 Weißer Marmor aus Griechenland: So sah das Grab aus. Fotos (2): privat

Weißer Marmor aus Griechenland: So sah das Grab aus. Fotos (2): privat

Foto: (h_st )

Trier. Der Schock ist enorm. Eine Familie will am vergangenen Sonntag das Grab eines Verstorbenen auf dem Ehranger Waldfriedhof besuchen und muss feststellen, dass es komplett weg ist. Nicht verwüstet oder beschädigt, sondern spurlos verschwunden, als wäre es nie da gewesen.

Nach dem ersten Entsetzen denken alle Beteiligten zuerst an eine irrtümliche Grabräumung und einen bürokratischen Irrtum im Friedhofs- oder Grünflächenamt. Doch nichts davon trifft zu. Mit der Professionalität eines geübten Steinmetzes haben Diebe das Grab abgeräumt. Die Polizei Schweich ermittelt.

"Es war das Grab meines Vaters", sagt Hoda Rouhi. "Meine 86-jährige Mutter hat das Verschwinden zuerst bemerkt. Es war furchtbar für sie." Wo früher zwei Grabsteine aus weißem Marmor, einer Weltkugel, Blumenschalen und eine Einfassung standen, befindet sich jetzt nur noch eine ebene Fläche. Alle oberirdischen Bestandteile der Ruhestätte sind spurlos verschwunden.

Hoda Rouhi wendet sich sofort an das Grünflächenamt der Stadt Trier. Sein Verdacht: Hier liegt ein Fehler vor, das Grab seines Vaters wurde mit einem anderen verwechselt und deshalb irrtümlich geräumt. "Das Amt war sehr kooperativ und hat den Fall sofort überprüft", berichtet Rouhi. Alle örtlichen Steinmetzbetriebe wurden kontaktiert. Das Ergebnis ist eindeutig: Es gibt keinen Irrtum, keinen Fehler. Keine amtliche Hand hat die Grabstätte berührt. Es waren Diebe, die offenbar mit der Selbstverständlichkeit und Souveränität eines Profiunternehmens auf dem Waldfriedhof erschienen und das Grab abräumten - wahrscheinlich am helllichten Tag.

Wann genau die Diebe aktiv waren, ist noch unklar. Die Polizeiinspektion Schweich spricht von einem "einzigartigen Fall" und bittet Augenzeugen darum, sich unter der Telefonnummer 06502/91570 zu melden.
Die Familie des Verstorbenen lebt in Trier. "Meine Mutter besucht das Grab zwar regelmäßig, und mein Bruder und ich wechseln uns ab", erklärt Hoda Rouhi. "Doch in diesem Jahr ließen die Umstände derart regelmäßige Besuche nicht zu. Zum letzten Mal waren wir Ende Mai dort." Bis die Familie dann am Sonntag, 6. September, das Verschwinden der Ruhestätte bemerkte.

Das Motiv der Täter wird schnell offensichtlich. "Der Grabstein besteht aus dem teuersten Marmor der Welt, den wir aus Griechenland importiert haben", sagt Hoda Rouhi. Gestaltet wurde er von Werner Bitzigeio, einem Künstler aus Winterspelt im Landkreis Bitburg-Prüm. Rouhi schätzt den Wert des Diebesguts auf 14 000 Euro.
Die Familie muss nicht nur den Schock verarbeiten, sondern sich auch um eine neue Ruhestätte kümmern. "Es wird ein einfaches, schlichtes Grab werden", kündigt Hoda Rouhi an. "Ich möchte kein zweites Mal Dieben eine solche Vorlage liefern."

Im Pfarrbüro St. Peter Ehrang, das zur Pfarreiengemeinschaft Ehrang-Pfalzel-Biewer gehört, kennt man den Fall noch nicht und wird vom TV darüber informiert. "Das ist ja völlig unglaublich", sagt Mitarbeiterin Maria Rommelspacher in einer ersten spontanen Reaktion. "Solch einen Fall hat es hier noch nie gegeben."Extra

 Nach dem Diebstahl: Die Täter ließen nur eine professionell eingeebnete Fläche zurück.

Nach dem Diebstahl: Die Täter ließen nur eine professionell eingeebnete Fläche zurück.

Foto: (h_st )

Im mittelfränkischen Fürth verschwand ebenfalls ein Grab vom Hauptfriedhof. Als ein Angehöriger nach einer mehrmonatigen Besuchspause zur Ruhestätte seiner Tante gehen wollte, fand er sie nicht mehr. Die Stadt Führt war ratlos: Weder sei bei den Fürther Steinmetzen ein entsprechender Vorgang bekannt, noch habe die Friedhofsverwaltung einen Abbau veranlasst oder durchgeführt. In Hannover wurde ein Angehöriger von der Stadt informiert, dass der Vertrag für das Grab seiner Großeltern zum Jahresende ausläuft. Als der in Brandenburg lebende Mann die Ruhestätte besuchen wollte, war sie verschwunden. Die Stadt bestritt eine Einebnung, hatte aber paradoxerweise eine Vertragsverlängerung angeboten - für ein Stückchen Wiese. Ob in beiden Fällen Diebe am Werk waren, ist unklar. jp

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