Professionelle Menschlichkeit

TRIER. (kat) "Die Gespräche haben mir Hoffnung gemacht, dass Menschenwürde bei schwerer Erkrankung, auch im Konflikt zwischen Ökonomie, technischem Fortschritt und Ethik, zu sichern ist", so das Fazit einer Teilnehmerin am Hospiztag. Es spiegelt die Meinung vieler der 100 Personen wider, die zur Katholischen Akademie, gekommen waren.

Das Theaterstück verdeutlicht das Spannungsverhältnis zwischen Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit, in dem Sterbebegeleitung geschieht. Ein Bett mit einem Kranken wird hin und her geschoben - vom Arzt zum Seelsorger, zwischen Kostenträgern und Angehörigen. Hin und her, von Personen, die ihre Positionen vertreten. Da ist der Angehörige, der gerührt ist von der Hilfsbereitschaft und Unterstützung. Da ist der andere Angehörige, der um das Häuschen bangt, das durch anfallende Kosten vielleicht drauf gehen wird. Der weiter behandelnde Hausarzt ist in Sorge, weil der sterbende Patient nicht in seinem Budget vorgesehen ist. Oder der Geschäftsführer, er hat die Kosten im Auge, schließlich muss er den Betrieb am Laufen halten. Mit dieser Thematik beschäftigten sich die Teilnehmer des Trierer Hospiztages, der von bistumsweit agierenden katholischen Institutionen und der evangelischen Kirchengemeinde Trier veranstaltet wurde. Der Wandel von Sichtweisen hat laut Hans-Jürgen Wilhelm, Leiter des GDA-Wohnstiftes Trippstadt, viel mit der sozialen Funktion des Geldes zu tun.Von der Solidargemeinschaft zur Single-Koalition

Die Folge für Beziehungen: "Eine Beziehung, in die das Thema Geld eingebracht wird, hat automatisch eine andere Qualität", so Wilhelm. Die in der Versorgung von alten, kranken und sterbenden Menschen eingebrachte menschliche Nähe lasse sich als professionelle Menschlichkeit bezeichnen. Doch die durch Liebe und Zuneigung entwickelte Beziehung könne nicht durch diese Dienstleitungen ersetzt werden. Dies führe in unserer beziehungsärmer werdenden Zeit zu neuen Problemen. Wilhelm bezeichnete diese Entwicklung mit einem Zitat von Professor Rainer Gronemeyer von der Uni Siegen: "Von der Solidargemeinschaft haben wir uns hin zu einer durch Versicherung zusammengehaltenen Single-Koalition entwickelt." Die Konsequenz: Es müsse eine permanente Gratwanderung zwischen Lebensqualität und Dienstleistung gemeistert werden. Weiteres Thema war, dass Patientenautonomie häufig an Grenzen stößt. Beispielsweise dann, wenn ethische Entscheidungen über medizinische Behandlungsmethoden anstehen. Leo Wittenbecher, Krankenhausseelsorger im Mutterhaus der Borromäerinnen, stellte das Ethikkomitee und die ethische Fallbesprechung im Krankenhaus vor. Das Ethikkomitee versteht sich als Beratungsgremium, um Hilfestellung in ethischen Fragen anzubieten. Immer häufiger werde die Frage gestellt, "was ist wirklich gut?", und weniger, "was ist möglich?". In der ethischen Fallbesprechung werden die Fragen mit Hilfe eines Moderators direkt auf Station, dem Ort, wo die konkreten Fragen entstehen, besprochen. "Sowohl Patienten als auch Mitarbeiter werden zufriedener und haben größeres Vertrauen zum gemeinsamen Handeln", hat Wittenbecher erfahren. Im Abschlussplenum wurde betont, dass mehr Kommunikation mit den Betroffenen und Angehörigen, ebenso wie unter den Berufsgruppen, zentral seien, um die gegenseitigen Zwänge besser verstehen zu können und so den Kranken besser gerecht werden zu können.

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