Professoren am Plattenteller

Boxen wummern, der Boden bebt. Während die einen bereits feiern, warten die anderen auf Einlass in die überfüllte "Produktion". Keine normale Vorfeiertags-Fete ist die Attraktion: In dieser Nacht sind FH- und Uni-Dozenten die Disjockeys.

 Die Boxen wummern, der Boden bebt, die Menge feiert: Sechs Dozenten heizen als DJs den Studenten bei der ersten Trierer Night of the Profs ein. TV-Foto: Cordula Fischer

Die Boxen wummern, der Boden bebt, die Menge feiert: Sechs Dozenten heizen als DJs den Studenten bei der ersten Trierer Night of the Profs ein. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier. Alles, was die heimischen Musiktruhen hergeben, haben die sechs Professoren im Gepäck. Doch es gibt keine musikwissenschaftliche Vorlesung. Den Overhead-Projektor haben sie mit dem Plattenteller und den Hörsaal mit dem Tanztempel vertauscht. Angekündigt wie Stars und bejubelt von Fans legen die Professoren bei Triers erster "Night of the Profs" Platten statt Folien auf und enthüllen bislang wohl gehütete Geheimnisse aus ihrem Privatleben. Ethnologe gibt Luftgitarren-Einlage

Während FH-Wirtschafts-Experte Felix Streitferdt mit seinen Studenten in vertrauter Runde noch ein Bier gegen das Lampenfieber leert, hat sich Ethnologe Christoph Antweiler in Schale und ans Mischpult geworfen. 22 Uhr c.t. Die sonnengelbe, paillettenbesetzte indonesische Hochzeitsjacke glitzert, die Haare sind gegelt, die Show beginnt. Als Eisbrecher muss Antweiler gleich richtig einheizen und treibt die Studis mit einer wilden Mischung aus aktuellen Hits, Rock 'n' Roll, Weltmusik und Ethno-Pop in Ekstase. "Alles ist erlaubt. Enjoy the show." Er tanzt, rockt, schwitzt, gibt eine Luftgitarren-Einlage."Ich tanze gern, obwohl ich nicht tanzen kann", verrät er nach seiner Show. "Zwei Kilo", meint er, habe er an Gewicht verloren. "Aber das hat sagenhaft Spaß gemacht. Ich hoffe, dass sich das nächste Mal mehr als nur sechs von 160 Professoren melden. Ich wäre sofort wieder dabei."Antweiler dreht sich um und tanzt adrenalingetrieben weiter. Denn nun hat DJ Karl-Heinz Pohl die Macht am Mischpult übernommen und bedient die Turntables. "Altes Zeug" legt der Sinologe auf, und dazu tanzen Oldies ebenso wie junges Gemüse. Franz Dorn wirbelt mit seiner Partnerin über den Tanzboden. "Die Kollegen arbeiten zu sehen und sich selbst zu amüsieren - besser geht es gar nicht", sagt der Professor für Bürgerliches Recht und deutsche Rechtsgeschichte. "Ehrensache", dass er sich als Kollege der Dozenten-DJs das Spektakel nicht entgehen lässt.Einzige Frau in der Runde ist Historikerin Helga Schnabel-Schüle. Auf ihren Auftritt müssen die Studenten bis zum Schluss warten. "Musik aus den 60er- und 70er-Jahren wird sie auflegen", mutmaßen Martin (25), Thomas (25) und Stephanie (23). "Wir erwarten Höchstleistungen von Helga. Sie wird so sein wie immer: konfus, aber gut." Doch es kommt anders: die D-Jane rockt mit Nirvana den Laden, dreht den Bass auf.Von Felix Streitferdt vermuten Nina (25), Conni (23) und Dominique (20) "was Cooles, vielleicht Jazz" zu hören. Auf die Ohren gibt es von dem 34-Jährigen dann aber deutschen Hip Hop, Rock und "alles, was die Leute hören wollen". Die Hände gehen nach oben, der Mix kommt an. Die Menge johlt, im Gedränge zünden die Party-Moves. Die, die nach Stunden immer noch dicht gedrängt vor der Tür warten, verpassen nicht nur die erste "Night of the Profs", sondern auch ihre Lehrmeister als Lehrlinge am DJ-Pult.

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