Projekt X: "Engagement in den Dreck gezogen"

Trier · Die Skatehalle sei ein Anlauf- und Rückzugsort für Extremisten - dieser öffentliche Vorwurf der FDP Trier hat den Rücktritt von Skaterchef Axel Reichertz provoziert. Dennoch halten die Liberalen an ihrem Vorwurf fest. Das Innenministerium gibt dagegen Entwarnung.

 Die Skatehalle in der Aachener Straße. TV-Foto: Archiv/Mechthild Schneiders

Die Skatehalle in der Aachener Straße. TV-Foto: Archiv/Mechthild Schneiders

Trier. Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) und die Autonome Antifa Trier stehen auf einer im Internet veröffentlichten Liste von Gruppierungen, mit denen das Projekt X wöchentliche Infoabende angekündigt hat. Auf diese Liste bezieht sich die FDP in ihrem offenen Brief vom 1. Juni. Darin betonen der Kreisvorsitzende Tobias Schneider und der Ratsfraktionsvorsitzende Karl-Josef Gilles: "Für die FDP ist es inakzeptabel, wenn extremistische Gruppierungen, egal welcher Art, auf diesem Wege eine Plattform erhalten und von den Verantwortlichen auch noch als Unterstützer hofiert werden."
Die Reaktion folgte sofort: Projektchef und Herzblut-Skater Axel Reichertz gab sein Ehrenamt auf, die Skatehalle wurde geschlossen (der TV berichtete).
"Es war naiv von uns zu glauben, unser Projekt X könne aus parteipolitischen Auseinandersetzungen herausgehalten werden", erklärt Reichertz. "Wir gingen davon aus, dass alleine das Engagement für die Sache und gute Argumente genügen, um Menschen - egal, was sie politisch sonst denken - zu überzeugen ." Es gebe im Projekt X keine "Gesinnungsüberprüfungen". Der Vorwurf der FDP sei eine "ungeheuerliche Unterstellung, mit dem unser Engagement offenbar in den Dreck gezogen werden soll."
Die FDP bleibt unbeeindruckt und hält an ihrem Vorwurf fest. "Eine Distanzierung von extremistischen Kräften durch das Projekt X hat nach wie vor nicht stattgefunden. Wir fragen uns schon, warum die Verantwortlichen sich hier so schwer tun", schreibt Tobias Schneider am Dienstag auf der Homepage der Trierer Liberalen. Er fordert eine "abschließende und eindeutige Klärung".
Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend wird nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Das bestätigt am Dienstag ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage des TV. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2010 taucht die SDAJ nicht auf. Dieser Bericht besagt: "Die von Linksextremisten ausgehende Gewalt ist (…) in Rheinland-Pfalz auf sehr niedrigem Niveau." Und: "Der legalistische Linksextremismus (sozialrevolutionär ausgerichtete Gruppierungen) ist in Rheinland-Pfalz ohne nennenswerte Bedeutung und entfaltet keine Außenwirkung."
Jugenddezernentin und Bürgermeisterin Angelika Birk (Die Grünen) lässt mitteilen, sie werde diesen Konflikt nicht kommentieren.Meinung

Peinlicher Populismus
Mit purem Populismus hat die Trierer FDP dem Projekt X und damit der gesamten Jugendszene in der Region enormen Schaden zugefügt. Es ist absurder Unsinn, das Projekt - das bisher stets als Muster an Engagement und effizienter Jugendarbeit gelobt wurde - als geheimes Indoktrinationszentrum darzustellen. Das eigentliche Ziel der in Trier zur politischen Bedeutungslosigkeit geschrumpften Liberalen ist es, Ängste zu schüren und mit dem dazu passenden Alarmruf Punkte zu sammeln. Das ist absolut inakzeptabel und auch einfach vollkommen peinlich. j.pistorius@volksfreund.de

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