Prozess um tödliches Baumunglück in Trier: Grünflächenamtsmitarbeiter schuldig, aber geringere Strafe

Trier · Nur 1500 Euro statt 4800 Euro: Das Trierer Landgericht hat den Baumkontrolleur, der für die genauere Untersuchung der Rosskastanie zuständig war, die im November 2012 in der City umstürzte, eine Passantin erschlug und einen Mann schwer verletzte, zu einer deutlich geringeren Geldstrafe verurteilt als das Amtsgericht in erster Instanz.

Überzeugt von der Mitschuld des Angeklagten am Baumsturz ist das Landgericht trotzdem: "Sie hätten zu dem Baum hingehen, ihn genauer untersuchen und feststellen müssen, dass die Rosskastanie gefällt werden muss", sagte Richter Peter Egnolff. Dass die Geldstrafe im Berufungsprozess geringer ausfällt als die zuvor vom Amtsgericht verhängte Strafe beruhe darauf, dass das Landgericht die Umstände anders bewerte: "Wir würdigen ihr Teilgeständnis und glauben ihnen, dass ihnen die Sache leid tut", sagte Egnolff. Ebenso müsse berücksichtigt werden, dass die Personalausstattung im Grünflächenamt unzureichend gewesen sei und es dem Angeklagten dadurch schwer gemacht wurde, seine Pflichten zu erfüllen. "Auch andere in der Stadtverwaltung haben da Schuld auf sich geladen", sagte Richter Egnolff.

Karlheinz Reinhard, dem die Krone des gut 160 Jahre alten Baumes Hüfte und Beine zertrümmert hatte, ist mit dem Ausgang des Berufungsprozesses nicht zufrieden: "Der Angeklagte hat nach wie vor nicht eingestanden, dass er hätte handeln müssen - so ist der Prozessausgang keine Wiedergutmachung für mich."

Walter Schrage, Witwer der 70-Jährigen, die der Baum erschlug, kritisierte: "Meiner Meinung nach hätten noch weitere Mitarbeiter der Stadtverwaltung auf die Anklagebank gehört!"

Roderich Schmitz, der den Angeklagten vor Gericht verteidigt hat, hatte einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert. "Das Gericht ist unseren Argumenten leider nicht gefolgt. Ich sehe weiterhin eine Pflichtenkollision: Mein Mandant musste 100 Bäume eingehender untersuchen, 40 hatte er bis zum 22. November geschafft, die Rosskastanie war unglücklicherweise nicht dabei." Dem vom Angeklagten beauftragten Gutachter, der vor Gericht ausgesagt hatte, dass der Baumsturz nicht vorhersehbar gewesen sei, schenkte das Gericht keinen Glauben. "Der Gutachter hat sich in einzelnen Aussagen widerrufen, den möglichen Ursachen für den Sturz nicht genug Beachtung geschenkt", kritisierte Richter Egnolff.

Das Urteil, nach dem der Gärtnermeister auch die Prozesskosten von wohl mehreren 10.000 Euro tragen muss, ist noch nicht rechtskräftig. Ob der 55-Jährige in Revision gehen wird, sei noch nicht entschieden, erklärte sein Verteidiger Schmitz.

Auf die Stadtverwaltung kommen Schadens- und Schmerzensgeldforderungen zu: "Ich werde von der Stadt Schmerzensgeld für die sieben Operationen, denen ich mich unterziehen musste, einfordern", sagte Nebenkläger Reinhard, der seit dem Unfall gehbehindert ist und seinen Beruf als Jurist aufgeben musste. Außerdem will der heute 60-Jährige von der Stadt Schadensersatz für den Verdienstausfall durch seine Frühverrentung. "Insgesamt beläuft sich die Summe auf einen sechsstelligen Betrag", sagte Reinhard.

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