"Pusteblume" wird ein Twen

TRIER. (kat) "Sie wecken einen Bedarf, den es gar nicht gibt", sagten die Stadtväter einst zu Aloysia Melchior, der Gründerin der Krabbelstube "Pusteblume". Zu Unrecht, denn damals wie heute gibt es einen ungedeckten Bedarf an Betreuungsplätzen für die jüngsten Bürger.

"Wohin mit unseren Kindern?" Diese Frage stellten sich 1984 sieben Elternpaare. Sie fürchteten: "Wenn wir eine Babypause machen, dann bricht uns alles weg." Aloyisia Melchior machte es möglich, dass die Eltern Kind und Karriere vereinbaren konnten. Sie leistete Pionierarbeit und gründete vor zwanzig Jahren die Krabbelstube Pusteblume e.V.. In der eigenen Wohnung betreute die ausgebildete Erzieherin täglich zwölf Stunden lang Kleinkinder.Ausgeklügeltes pädagogisches Konzept

Finanziert wurde das Projekt über Elternbeiträge. "Nach endlos langen Diskussionen erkannte die Stadt die Gemeinnützigkeit an", erinnert sich Rita Klupsch, heutige Leiterin der Einrichtung. Eine einschneidende Veränderung gab es 1988: Die "Pusteblume" zog um. Einige Hürden musste Aloyisia Melchior nehmen, bevor letztendlich die Räumlichkeiten in der Liebfrauenstraße bezogen werden konnten. "Was, Kinder? Nein!" Auf Ablehnung stieß die engagierte Pädagogin häufig bei Bewohnern, die um ihre Ruhe bangten. Ohne das Zutun der Eltern wäre der notwendige räumliche Wandel nicht möglich gewesen. Die Eltern bürgten für den kostenintensiven Umzug und packten tatkräftig mit an. Die Stadt unterstützte die Krabbelstube vorerst nur, indem sie Aloyisia Melchior eine ABM-Kraft an die Seite stellte. Ein Meilenstein folgte dann jedoch 1991: Die "Pilgerfahrten" der engagierten Erzieherin und dem Interessenverband Krabbelstuben Rheinland-Pfalz e.V. nach Mainz brachten endlich erste Fortschritte: Die "Pusteblume" fiel unter das Kindertagesstättengesetz. "Bis dahin hatte es niemanden interessiert, was wir machten", sagt Rita Klupsch. 1988 hat sie die Leitung übernommen. Plötzlich sei das "Amt 54" für die Krabbelstube zuständig gewesen, ein Putzdienst wurde eingesetzt. Schlagartig waren drei Vollzeitkräfte pro Gruppe im Einsatz und die Einrichtung wurde fortan von der Stadt finanziert. Heute krabbeln täglich 34 Kinder in der "Pusteblume". "Die Warteliste ist sehr lang", sagt Klupsch. "Nur zehn Kinder können dieses Jahr neu aufgenommen werden. Der Bedarf ist weitaus höher", bedauert die Leiterin. Geändert haben sich die Rahmenbedingungen innerhalb von zwei Jahrzehnten. Gewandelt hätten sich auch die Ansprüche, die an Erziehung gestellt würden. "Kinder brauchen immer mehr Bewegung", beobachten die Pädagoginnen. Zu lange lägen die Kleinen in den "vertrackten Babyschalen". Das Problem: Die Babys bekommen genügend Sehenswertes geboten, die Motivation, sich zu bewegen, fehlt deshalb. Die Folgen sind, dass die Muskulatur nicht genügend entwickelt ist, die Kinder wichtige motorische Zwischenstufen nicht durchlaufen, sich infolgedessen häufiger verletzen und wichtige Erfahrungen zum Aufbau des Selbstwertgefühls nicht mehr machen. Ebenso berichtet die Leiterin von überreizten Kindern. "Dabei ist Entspannung von sehr großer Bedeutung für Kinder", sagt Rita Klupsch. Mit einem ausgeklügelten pädagogischen Konzept und einer vorbildlichen Elternarbeit können Väter und Mütter sicher sein, dass die Kinder von sechs Monaten bis drei Jahren in der "Pusteblume" die Möglichkeiten haben, wichtige Erfahrungen zu machen. Die Leiterin: "Wir sind, wie landläufig immer noch behauptet wird, keine Aufbewahrungsstätte, sondern eine Stätte des Reifens und Lernens."

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