Qualifizierte Bewerber auf dem Silbertablett

TRIER. Die TÜV-Akademie Rheinland verbessert die Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt durch gezielte Kontaktaufnahme mit Unternehmen. In Trier vermittelte die TÜV-Akademie zwei behinderte Bewerber an den Systemkartenhersteller OPC.

"Schau'n mer mal": Mit der so formulierten Aussicht auf eine Festanstellung sorgte Klaus-Dieter Schömer, Geschäftsführer des Trierer Systemkartenherstellers OPC, bei seinem behinderten Praktikanten Wilfried Eiden für zusätzliche Motivation. Der 51-Jährige hatte die Hoffnung auf einen Arbeitsplatz schon fast aufgegeben. Denn eine schwere Operation an der Halswirbelsäule hindert den LKW-Fahrer daran, seinen alten Beruf weiter auszuüben. Trotz einer Umschulung zum Industriekaufmann fand er wegen seines Alters und seiner Behinderung keine Anstellung. Über das Arbeitsamt Trier vermittelte ihm die TÜV-Akademie schließlich - 14 Jahre nach der Operation - ein Praktikum bei OPC. Erst kürzlich teilte ihm Schömer mit, dass sein Vertrag verlängert wird. Eiden ist neben Jürgen Vieh der zweite behinderte Mitarbeiter, dem das Trierer Unternehmen innerhalb von einem Jahr eine Festanstellung angeboten hat. Zehn Prozent der 18 914 Arbeitslosen in der Region Trier haben eine Behinderung. Ein angespannter Arbeitsmarkt bereitet der Behindertenintegration zusätzliche Schwierigkeiten. Die Probleme, mit denen Institutionen wie die TÜV-Akademie zu kämpfen haben, sind jedoch nicht nur konjunkturbedingt. Berührungsängste, Vorurteile und mangelnde Kooperationsbereitschaft machen es schwer, Unternehmer für die Einstellung eines Behinderten zu gewinnen. Häufig sind falsche Vorstellungen und mangelnde Information der Grund, warum Arbeitgeber bei diesem Thema die Scheuklappen anlegen. "Der erschwerte Kündigungsschutz ist vielleicht sogar der Hauptgrund", sagt Bernd Gard vom Arbeitsamt Trier. "Behinderte trauen sich in Bewerbungsgesprächen deshalb gar nicht, darüber zu reden. Damit tun sie sich auch keinen Gefallen." Zur Förderung der Kooperationsbereitschaft müssten Unternehmen umfassend informiert werden. Die Zuteilung von Betriebsbetreuern hält Gard für einen vernünftigen Schritt, der zu Erfolgen führen könne. Um Barrieren abzubauen, engagiert sich Claudia Meurer von der TÜV-Akademie Rheinland in der Kontaktsuche und Kontaktpflege mit Firmen. Ihr Ziel ist es, Praktikumsstellen zu schaffen, die den Bewerbern die Möglichkeit geben, sich im Betrieb zu profilieren. "Es muss mehr Arbeitgeber geben, die bereit sind, Menschen mit Handicap einzustellen", fordert Bernd Gard. Etwa 50 Prozent der behinderten Arbeitslosen seien Rahabilitanden, die wegen körperlicher Einschränkungen ihre zuvor ausgeübte Arbeit aufgeben mussten. "Es sind zum Teil hoch qualifizierte Mitarbeiter, die wie Herr Eiden bereits eine Umschulung absolviert haben", erklärt Gard. Die Einstufung "behindert" müsse differenzierter betrachtet werden: "Eine Behinderung ist kein Grund, beruflich nicht erfolgreich zu sein." Als Beispiel nennt Gard die Paralympics, wo Behinderte zeigen, zu welchen Höchstleistungen sie fähig sind.70 von 100 Teilnehmern in Festanstellung

Diese Ansicht vertritt auch OPC-Geschäftsführer Schömer. "Man muss auch mal Bewerber nehmen, die nicht den geradlinigen Lebensweg haben, die auch mal über den Tellerrand hinausschauen können und fähig sind, Hürden zu meistern." Als Arbeitgeber schätzt er die Lebenserfahrung solcher Menschen. "Ein weiterer Beweggrund war der Kostenfaktor. Über den Kontakt mit der TÜV-Akademie wurden uns qualifizierte Mitarbeiter auf dem Silbertablett serviert. So konnten wir Herrn Eiden und Herrn Vieh ohne kostspielige Bewerbungsverfahren in einem Praktikum kennenlernen." Um eine angenehme Einstiegszeit zu ermöglichen, schulen TÜV-Akademie und Arbeitsamt die Bewerber im Vorfeld theoretisch und praktisch und gewährleisten darüberhinaus zu Beginn des Praktikums eine intensive Betreuung. 70 von 100 Teilnehmern haben durch dieses Projekt eine Festanstellung gefunden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort